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Steueraffäre Rückhalt für Gürth bröckelt

Der Landtagspräsident hat am Donnerstag mit den Landtags-Fraktionschefs gesprochen. Doch der Befreiungsschlag blieb aus.

Von Jens Schmidt 11.09.2015, 01:01

Magdeburg l Die Staatsanwaltschaft Magdeburg ermittelt gegen Detlef Gürth wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in den Jahren 2009 bis 2013. Die Nichtabgabe einer Steuererklärung kann im gravierenden Fall strafrechtliche Ermittlungen nach sich ziehen. Doch jetzt sickern neue Details durch, die weitaus schwerwiegender sind: Nach Volksstimme-Information ist bei Gürth eine Steuerschuld von etwa 100 000 Euro festgestellt worden – nach einer Steuerprüfung. Er soll über mehrere Jahre hinweg Einnahmen nicht oder nur unvollständig angegeben und versteuert haben. Gürth hatte im Gespräch mit der Volksstimme nur eingeräumt, 2012 und 2013 trotz Mahnung keine Steuererklärung abgegeben zu haben. „Das war schusselig und hätte mir nicht passieren dürfen“, sagte er.

Dem Vernehmen nach hat Gürth die Steuerschuld inzwischen beglichen; er selbst sagte vorige Woche, dass das Finanzamt ihm bestätigt habe, keine Steuerschulden zu haben. Gürth will sich momentan auf Anraten seiner Anwälte nicht mehr zur Sache äußern.Das Zahlen der Summe wirkt indes noch nicht strafbefreiend. Dies wäre nur bei einer Selbstanzeige vor einer Steuerprüfung der Fall gewesen. Zu Gürths Beteuerung, er sei ohne Steuerschuld, hatte Oberstaatsanwalt Frank Baumgarten denn auch gesagt: „Das ist Herrn Gürths persönliche Sicht, die wir nicht weiter kommentieren. Es läuft ein Ermittlungsverfahren, da beißt die Maus keinen Faden ab.“

Daher besteht weiter der Verdacht einer Steuerstraftat. Die Staatsanwaltschaft prüft derzeit, ob und in welchem Umfang Steuern bewusst hinterzogen wurden – was eine Straftat wäre – oder ob auch leichtfertig Steuern verkürzt wurden, was einer Ordnungswidrigkeit gleichkäme. Zur Steuerschuld hinzu kämen Bußgelder. Die Staatsanwaltschaft hatte Anfang September bestätigt, dass es sich insgesamt um eine Summe von etwa 130 000 Euro dreht. Sollte sich der Verdacht einer Straftat erhärten, würde die Staatsanwaltschaft Anklage erheben. Die Ermittlungen laufen noch. „Wie lange dies noch dauert, ist noch nicht abzusehen“, sagte Baumgarten. „Bis Monatsende sind wohl keine entscheidenden Entwicklungen zu erwarten.“ Auf Steuerhinterziehung stehen Geldstrafen oder Gefängnis.

Gürth ist seit 1990 Landtagsabgeordneter und seit 2011 Landtagspräsident. Auf sein Präsidenten-Salär (derzeit monatlich rund 11 300 Euro) zahlt er vierteljährlich im Voraus Steuern. Gürth hatte auch Nebentätigkeiten. So bei einem Personaldienstleister, in einem Klinikbeirat und als Unternehmensberater. Auch diese Einnahmen müssen versteuert werden. Offiziell stützen die Fraktionsspitzen Gürth – noch. Doch intern ist immer häufiger zu hören, dass der Präsident den Hut nehmen sollte. Langjährige Parteikollegen sagen hinter vorgehaltener Hand: „Das Amt des Präsidenten hat schon jetzt Schaden genommen. Er ist nicht mehr zu halten.“