Finanzielle Not Erbbaupacht überfordert Verein
Alarmstufe Rot: Neben dem Burger Ballspiel Club fordert nun auch Blau-Weiß Niegripp finanzielle Hilfe für Investitionen in Sportanlagen.
Niegripp/Burg l Es habe Zeiten gegeben, da hätten Dorf und Stadt noch an einem Strang gezogen, als es um den Erhalt und notwendige Investitionen für die Sportstätten von Blau-Weiß Niegripp gegangen sei. Dies sei mit dem „Hineindrängen“ in den Erbbaupachtvertrag nach der Eingemeindung vorbei. Bernd Mittelstädt, Vize-Chef des 360 Mitglieder starken Vereins, rechnet vor: „Seit 2001 haben wir nicht einen Cent von der Stadt für Investitionszuschüsse erhalten. Das kann so nicht mehr weitergehen.“
Zwar sei der Verein noch immer in der Lage gewesen, Bauvorhaben anzuschieben, um auch für Schule und Hort vielfältige sportliche Freizeitmöglichkeiten anzubieten, aber dies „ist dankenswerter Weise nur möglich, weil wir tatkräftige Sponsoren haben, Vereinsmitglieder, die neben ihrem Beitrag noch Projekte durch Umlagen mitbezahlen und sich auch handwerklich einbringen und einem Vorstand, der sich ehrenamtlich viele Stunden mit bürokratischen Themen auseinandersetzt“, so Mittelstädt. Nur auf diese Weise sei es möglich gewesen, in den Jahren von 2010 bis 2020 rund 180.000 Euro, inklusive Fördermittel, in die Sportanlage zu investieren, unter anderem in Beregnungstechik, Heizung oder Toiletten sowie 150.000 Euro ins Bootshaus. „Wir haben es auch geschafft, weil wir uns mittlerweile von Sportfachleuten zu Bau- und Verwaltungsfachleuten entwickelt haben.“ Dies würde sich mit Blick auf die künftigen Vorstandswahlen „wohl kaum noch einer antun“. Wenn der eigentliche Vereinszweck nicht mehr im Mittelpunkt stehe, schwinde die Akzeptanz für das Ehrenamt, „weil es schlichtweg überfordert und überfrachtet wird“.
Wie beim BBC müsste der Verein trotz aller eigenen Bemühungen jede Menge Geld in die Hand nehmen, um bei den notwendigsten Investitionen für die Zukunft Schritt halten zu können. Die Liste ist lang: Sie reicht beispielsweise von einer Leitung für die Entsorgung der Sammelgrube in Höhe von rund 15.000 Euro, einer modernen, stromsparenden Rasenplatzbeleuchtung, die etwa 20.000 Euro verschlingen würde, neuen Fangnetzen für 10.000 Euro, einen neuen Brunnen mit Pumpe, der mit 3000 Euro veranschlagt wird, oder nach 30 Jahren eine neue Umzäunung des Areals, die 7000 Euro kosten würde. Der Verein geht in der Summe von mindestens 70.000 Euro aus, die dringend benötigt werden. Dass darüber hinaus ein Trainingsplatz mit Kunstrasen vonnöten wäre, stehe ebenfalls auf der Agenda. Nur der würde mit rund 300.000 Euro zu Buche schlagen.
Dagegen erhalte Blau-Weiß Niegripp für die Sporteinrichtungen einen vertraglichen jährlichen Zuschuss, inklusive Betriebskosten, von rund 5400 Euro, an Erbbaupachtzins müssten 1500 Euro wiederum an die Stadt überwiesen werden. Jedoch müssten allein für das Sportlerheim Betriebskosten in Höhe von 14.000 Euro pro Jahr aufgebracht werden.
Angesichts dieser Entwicklung könne sich die Stadt künftig nicht vollständig „raus halten“, wenn es um das sportliche Vereinsleben gehe. „Wir knien uns gerne rein, aber alles schaffen wir auch nicht“, so Mittelstädt, der eine neue Regelung fordert, um den Vereinen, die Sportstätten betreiben, mehr Luft zu verschaffen. Wie die aussehen könne, müsse an einem Tisch mit der Stadt ausgelotet werden, möglicherweise auch mit der neu gegründeten Arbeitsgruppe Sport.
Grundsätzlich sei die Stadt bereit, mit den Vereinen die Situation zu erörtern und Lösungen herauszuarbeiten, wie sie entlastet werden könnten, versichert Stadt-Pressesprecher Bernhard Ruth. Auch Bürgermeister Jörg Rehbaum (SPD) hatte kürzlich auf erste Gespräche mit dem BBC 08 verwiesen, die fortgeführt werden sollen. Er will unter anderem die Verwaltung wieder mehr ins Boot holen, wenn es um darum gehe, Fördermittelanträge zu erarbeiten oder passende Förderprogramme zu finden.
Bei allen Bemühungen müsse es unterm Strich darum gehen, dass das rege Vereinsleben erhalten bleibe. Das unterstreicht Stadtratsvorsitzender Markus Kurze (CDU). „Ich kann die Sorgen nachvollziehen. Wir sind an einem Punkt angekommen, wo mit den Vereinen grundsätzlich eine Bestandsaufnahme gemacht werden muss, was bislang jeweils in Eigenleistung erbracht wurde und was am dringendsten nötig ist. Nur Betriebskostenzuschüsse zahlen, wird in Zukunft nicht mehr reichen.“
Für Kerstin Auerbach (Linke), Vorsitzende des städtischen Kultur-, Sozial- und Tourismusausschusses, stehe ebenfalls außer Frage, dass die wichtige Arbeit der Sportvereine auch künftig Unterstützung erfahren müsse. „Da sind sich wohl alle einig.“ Sie verweist gegenüber der Volksstimme darauf, dass sich die Arbeitsgruppe Sport im alten Jahr erst einmal getroffen habe, „weil nicht alle Fraktionen die Teilnehmer benannt hatten. Bei der Beratung erfolgte eine erste Bestandsaufnahme der Vereine in der Stadt. Die Verwaltung wurde beauftragt, eine Übersicht über Sportstätten, Vereine und Problemlagen zu erstellen, damit in Gänze eine Strategie erarbeitet werden kann, wie effektiv und langfristig geholfen werden kann.“