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Kommune fördert Osterwieck will neue Ärzte mit Geld locken

Ob Zahn- oder Allgemeinmediziner, die Not der Patienten in Osterwieck ist groß. Der Stadtrat hat deshalb eine Förderrichtlinie zur Beseitigung des Ärztemangels beschlossen.

Von Mario Heinicke 29.09.2024, 12:00
Traurige Realität in Osterwieck: Diese Zahnarztpraxis ist seit dem Jahreswechsel aus Altersgründen geschlossen. Trotz des im Fenster offerierten Angebots auf kostenlose Übernahme des Praxisinventars gibt es bisher keine Aussicht auf einen Nachfolger.
Traurige Realität in Osterwieck: Diese Zahnarztpraxis ist seit dem Jahreswechsel aus Altersgründen geschlossen. Trotz des im Fenster offerierten Angebots auf kostenlose Übernahme des Praxisinventars gibt es bisher keine Aussicht auf einen Nachfolger. Foto: Mario Heinicke

Osterwieck. - „Wir haben festgestellt, dass immer mehr Ärzte in Rente gehen und die Praxen nicht wieder besetzt sind. Der Mangel an medizinischem Personal ist eklatant“, stellte Bürgermeister Dirk Heinemann (SPD) am Donnerstagabend im Stadtrat fest. Auf einer Gesundheitskonferenz in Dingelstedt vor zwei Wochen habe er diese Zahlen zusammengetragen: „2013 hatten wir neun Allgemeinmediziner, jetzt haben wir fünf. 2013 hatten wir vier Zahnärzte, jetzt haben wir einen.“

Die Stadt hatte schon vor einigen Jahren beschlossen, Ärzte, die sich hier niederlassen, zu fördern. Auf Anraten der Kommunalaufsicht ist dies nun in einer Richtlinie festgeschrieben worden. Darin sind die finanziellen Unterstützungsmöglichkeiten fixiert.

Die Richtlinie bezieht sich auf Allgemeinmediziner und Zahnärzte. Niederlassungswilligen Medizinern wird demnach ein Zuschuss in Höhe von 30.000 Euro für die Einrichtung einer Praxis oder ein Mietkostenzuschuss in Aussicht gestellt. Diesen Betrag kann auch erhalten, wenn ein im Gebiet der Einheitsgemeinde bereits niedergelassener Mediziner einen Facharzt anstellt.

Die Stadt Osterwieck ist darüber hinaus bereit, Studenten der Medizin sowie der Zahnmedizin mit einem Betrag von 500 Euro pro Monat für die Dauer der Regelstudienzeit zu unterstützen, wenn sich diese nach erfolgreichem Abschluss des Studiums hier zu einer Niederlassung verpflichten.

Wie Bürgermeister Heinemann erläuterte, solle letzteres Angebot besonders jungen Leuten in den Gymnasien Osterwieck, Halberstadt und Wernigerode, die Medizin studieren möchten, unterbreitet werden.

Die Richtlinie wurde vom Stadtrat einstimmig verabschiedet. Es gab aber noch Gesprächsbedarf von Abgeordneten.

Rita Jachade (CDU) erinnerte an einen alten Stadtratsbeschluss, in dem auch die Vermittlung eines Baugrundstücks als Unterstützungsleistung enthalten gewesen sei. Dies fehlt jetzt zwar in der Richtlinie, es bestand aber Einigkeit im Stadtrat, dass dies weiterhin gelten soll.

Außerdem gab Jachade zu bedenken, dass nach dem Regelstudium noch die Facharztausbildung anstehe. Es könnten demnach zwölf Jahre ins Land gehen von Studienbeginn bis zur eigenen Niederlassung.

Jens Kiebjieß (Bündnisgrüne) hätte die Richtlinie gern auf Kinder- und Jugendärzte erweitert gesehen. Hartmut Janitzky (CDU), selbst promovíerter Arzt, warnte davor, weil es im Laufe des langen Medizinstudiums zu viele Unwägbarkeiten gebe und kaum ein Student absehen könne, ob er später in dem ursprünglich gewünschten Fachgebiet wie Kinderarzt landet. „Wir sollten die Richtlinie so allgemein wie möglich halten. Je konkreter wir sie machen, umso unwahrscheinlicher wird der Erfolg.“ Bei Hausärzten seien nach Janitzkys Einschätzung die Chancen am größten. „Das sind oft Leute, wo auch Vater oder Mutter Allgemeinmediziner sind, die wissen, worauf sie sich einlassen.“

Denn auch das steht in der Richtlinie: Kommt es nicht zur Niederlassung, sind die Beträge an die Stadtkasse zurückzuzahlen. Ebenso bei Studienabbruch oder Studiengangwechsel. Und schließt eine von der Stadt geförderte Niederlassung nach weniger als zehn Jahren, müssen Beträge anteilig zurückgezahlt werden.

Das nagelneue Hausarztzentrum ist ein Lichtblick für Osterwieck, was die Bedingungen für Mediziner und Patienten betrifft. Damit ist aber kein zusätzlicher Arzt verbunden, doch immerhin wäre nun Platz für Verstärkung vorhanden.
Das nagelneue Hausarztzentrum ist ein Lichtblick für Osterwieck, was die Bedingungen für Mediziner und Patienten betrifft. Damit ist aber kein zusätzlicher Arzt verbunden, doch immerhin wäre nun Platz für Verstärkung vorhanden.
Foto: Heinicke