Unter falschem Verdacht Freispruch für Mutter vom Vorwurf des Kindesmissbrauchs
Nach der Trennung seiner Eltern verhält sich ein Mädchen aus Niedersachsen auffällig. Ein Grund wird gesucht, die Mutter des Missbrauchs verdächtigt. Nun hat das Gericht entschieden.
Berlin - Eine 36 Jahre alte Mutter ist vom Vorwurf des Kindesmissbrauchs freigesprochen worden. Das Berliner Landgericht folgte damit nach rund viermonatigem Prozess den Anträgen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung. „Dass es sexuellen Missbrauch gab, ist absolut nicht feststellbar – und die Kammer geht auch nicht davon aus“, begründete der Vorsitzende Richter Wulf Burchards am Freitag das Urteil. Auch die Staatsanwaltschaft sei zu dem Schluss gekommen, dass nichts an den Vorwürfen ist.
Der Frau, die damals in Niedersachsen lebte, war unter anderem vorgeworfen worden, ihre kleine Tochter in zwei Fällen unbekannten Männern zur Verfügung gestellt zu haben, die sie vergewaltigt hätten. Um insgesamt fünf angebliche Vorfälle zwischen 2015 und 2017 ging es in dem Verfahren. Das Mädchen sei vier bis fünf Jahre alt gewesen.
Kontakt zum Kind wurde über Jahre unterbunden
Mehr als vier Jahre stand die Mutter unter gravierendem Verdacht, den zuerst die Stiefmutter des Kindes geäußert haben soll. Die Anklage lautete unter anderem auf schweren sexuellen Missbrauch von Kindern und Vergewaltigung - zum Teil durch Unterlassen begangen. „Am Ende des Verfahrens stehen wir vor einem Scherbenhaufen, es gibt nur Verlierer“, sagte der Vorsitzende Richter weiter. So sei der Kontakt der Mutter zu ihrem Kind über Jahre unterbunden worden.
Nach der Trennung der Eltern hätten der Vater und die Stiefmutter das Mädchen mehrmals wegen Verhaltensauffälligkeiten in eine Klinik gebracht, hieß es weiter im Urteil. Ärzte hätten diagnostiziert, dass die Trennung das Kind sehr belaste, es habe eine starke emotionale Zerrissenheit gegeben. Eine Klinikmitarbeiterin, die ihre Ausbildung zur Traumatherapeutin noch nicht beendet hatte, habe sich schließlich mit dem Mädchen befasst und dem Vater eine Strafanzeige wegen Missbrauchs nahegelegt.
Polizeiliche Vernehmung mit „schwerwiegenden Mängeln“
Als „katastrophal“ bezeichnete das Gericht eine Vernehmung der damals Zehnjährigen durch eine Polizeibeamtin. Die Vernehmung habe „schwerwiegende Mängel“ aufgewiesen. Die Beamtin habe nicht einmal versucht, das Mädchen frei reden zu lassen. Massive Widersprüche in den Angaben des Kindes seien nicht erfasst worden.
Die beiden Verteidiger hatten in ihren Plädoyers von suggestiven Einflüssen auf das Kind während therapeutischer Sitzungen und massiven Fehlern im Ermittlungsverfahren sowie durch den Anwalt der Nebenklage gesprochen. Das Verfahren habe ihre Mandantin zerstört: „Sie hat ihre Tochter, ihren Ruf, ihre Familie verloren“. An den Nebenklage-Anwalt appellierte Verteidiger André Rösler: „Beenden Sie diesen Spuk und legen Sie keine Revision ein.“ Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig.