Berlin und Brandenburg Junge Frauen vergewaltigt - Angeklagter gesteht Serientaten
Mal verfolgte er seine Opfer auf dem Fahrrad, mal zu Fuß. Auf entlegenen Wegen soll er die jungen Frauen attackiert, gewürgt und vergewaltigt haben. Nun steht ein 30-Jähriger in Berlin vor Gericht.
Berlin (dpa) – Die 14-Jährige war an einem Sommerabend 2020 mit ihrem Fahrrad in der Nähe des Berliner Wannsees unterwegs, als sie plötzlich von einem Fremden gepackt, mit einem Schraubenzieher bedroht, gewürgt und in einem Waldstück vergewaltigt wurde.
Und dann sollte sie ihm noch 2000 Euro besorgen. In Berlin und Brandenburg breiteten sich Angst und Unsicherheit aus. Weitere junge Frauen wurden auf meist entlegenen Wegen missbraucht.
Am Mittwoch begann nun der Prozess gegen den mutmaßlichen Serienvergewaltiger am Berliner Landgericht. Der 30-Jährige in seiner Panzerglasbox legte nach dem Verlesen der Anklage über seinen Verteidiger ein dürres, pauschales Geständnis ab. Sein Mandant räume die Taten ein und bereue sie aufrichtig, erklärte der Anwalt. Damit war der erste Prozesstag nach etwa einer halben Stunde vorbei.
Anwalt Roland Weber, der eines der Opfer vertritt, sprach auf dem Gerichtsflur von monströsen Taten und einem "hochgefährlichen Serientäter". Davor müsse die Gesellschaft geschützt werden. Weber sagte, nach Aktenlage habe der Angeklagte mehr als fünf Jahre wegen Vergewaltigung in einem serbischen Gefängnis gesessen.
Die Opfer würden bis heute an den psychischen Folgen leiden und seien seelisch schwer verletzt, so Anwalt Weber. Das Gericht bemüht sich nach seinen Worten darum, dass die Betroffenen im Prozess nicht als Zeugen aussagen müssten. Ihnen drohe sonst eine Retraumatisierung.
Die von Staatsanwältin Katrin Frauenkron verlesene Anklage gab nur nüchtern wieder, was passierte. Mal zu Fuß, mal mit dem Fahrrad soll der mutmaßliche Täter sieben Frauen - die älteste von ihnen 27 Jahre - meist auf entlegenen Wegen überfallen haben. Zu sechs Taten soll es im Juni und Juli 2020 südlich des Wannsees in Berlin und Brandenburg gekommen sein, zur siebten in Bernau. Der Angeklagte soll einem Opfer auf Englisch angedroht haben, es zu töten.
Sechs Vergewaltigungen, eine versuchte Vergewaltigung sowie Körperverletzung und versuchte räuberische Erpressung werden ihm vorgeworfen. In einem Fall hätten Hilferufe der Frau und die Anwesenheit eines Campers die Vollendung der Tat verhindert.
Die Staatsanwältin sagte am Rande des Prozesses, irritierend sei, dass der Angeklagte nach den Taten zum Teil versucht haben soll, mit den Frauen "ein normales Gespräch" zu führen. In dem Prozess könnte es auch um eine Sicherungsverwahrung des Angeklagten gehen. Ein psychiatrisches Gutachten sei für den Prozess angekündigt. Ermittler hatten nach der Festnahme das Vorgehen des Täters so beschrieben: Erst freundlich, dann brutal, dann wieder nett.
Wirklich geplant schien der angeklagte Elektromechaniker nicht vorgegangen zu sein. Er wurde nach einem Übergriff von einer Überwachungskamera an einem nahen Bahnhof gefilmt, mehrere Opfer beschrieben detailliert sein Aussehen. Bei einem Laubeneinbruch hinterließ er laut Staatsanwaltschaft Fingerabdrücke, die DNA-Spuren von den Vergewaltigungen zugeordnet werden konnten. Und dann verlor er auf der Flucht vor der Polizei auch noch sein entsperrtes Handy.
Nach aufwendiger Suche wurde der mutmaßliche Täter kurz nach der letzten Tat Mitte Juli gestellt, bei der Festnahme leistete er laut Staatsanwaltschaft noch Widerstand. Nach dem Mann war öffentlich gefahndet worden. Bei der Suche nach ihm wurden Polizeihunde, ein Hubschrauber und eine Drohne eingesetzt.
Zum persönlichen Hintergrund des Mannes ist bisher wenig bekannt. Sie gehe davon aus, dass er in Deutschland Arbeit gesucht habe, so die Staatsanwältin. Nach früheren Angaben von Ermittlern soll er in einer Hostel-ähnlichen Unterkunft gelebt haben. Seine Partnerin habe Deutschland zuvor verlassen.
Der frühere Bremer Mordermittler und Bestsellerautor Axel Petermann hatte der dpa nach der Festnahme gesagt, Serienvergewaltigungen seien relativ selten. Manchen Tätern gehe es um Machtausübung. Diese hätten selbst wenig soziale Kompetenzen und seien unsicher im Umgang mit Frauen. Es gebe aber auch Täter mit machohaftem Auftreten, die keine Zweifel an der eigenen Dominanz hätten. Manche Vergewaltiger wollten mit der Tat auch Frust abbauen.
Zunächst sind Termine bis Mitte Mai vorgesehen. Der nächste Prozesstag ist am 1. März.
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