Landtag AfD fordert Stahlknecht-Rücktritt
Nach dem Anschlag in Halle gibt Ministerpräsident Haseloff am Mittwoch im Landtag eine Regierungserklärung ab.
Magdeburg l Nach dem Anschlag in Halle befasst sich heute der Landtag mit den Geschehnissen vom 9. Oktober. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) wird im Parlament eine Regierungserklärung abgeben. Thema: „Freiheit. Sicherheit. Verantwortung. Solidarität mit der Jüdischen Gemeinschaft in Sachsen-Anhalt.“
Die oppositionelle AfD fordert derweil den Rücktritt von Innenminister Holger Stahlknecht (CDU). In einem Antrag wird er aufgefordert, die „politische Verantwortung für den unzureichenden Polizeischutz der jüdischen Gemeinde in Halle und anderer jüdischer Einrichtungen in Sachsen-Anhalt zu übernehmen“. Nur einem glücklichen Umstand sei es zu verdanken, dass es nicht zu einem Massaker gekommen sei. Am 9. Oktober, dem höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur, hatte Stephan B. schwer bewaffnet versucht, in die Synagoge in Halle einzudringen. Als sein Plan misslang, erschoss er auf der Straße eine 40 Jahre alte Frau und kurz darauf einen 20-jährigen Mann in einem Döner-Imbiss. Der 27-Jährige hat die Tat gestanden und dabei antisemitische und rechtsextreme Motive eingeräumt.
Die Polizei hatte die Synagoge in Halle auch am Tattag nur in unregelmäßigen Abständen bewacht, was jetzt heftig kritisiert wird. Stahlknecht beruft sich auf eine Gefährdungsanalyse des Bundeskriminalamtes. Er hat mehrfach bekräftigt, dass die Polizei Bitten der jüdischen Gemeinde in Halle um Schutz stets nachgekommen sei. Zuletzt hatte der Zentralrat der Juden vehement widersprochen. Das sei „unzutreffend und verkehrt die Realität in der Vergangenheit“, sagte Präsident Josef Schuster. Belege dafür hat er bislang nicht vorgelegt. Dieser offene Widerspruch besteht also nach wie vor.
Schuster sagte auf Volksstimme-Anfrage: „Nach mehreren tätlichen Angriffen auf Rabbiner in Deutschland in jüngster Zeit sowie der Messerattacke an der Berliner Synagoge unmittelbar vorher war es ein unverzeihliches Versäumnis, dass die Synagoge in Halle an Jom Kippur nicht besser polizeilich geschützt war. Das gilt unabhängig davon, ob die Gemeinde konkret für den Tag angefragt hatte oder nicht.“ Und: „Zukünftig sind die Sicherheitsbehörden hoffentlich sensibler. Wir brauchen verlässliche Sicherheitskonzepte für jüdische Einrichtungen in allen Bundesländern.“
Seit dem Anschlag werden die Synagogen in Halle und in Magdeburg rund um die Uhr durch jeweils vier Beamte mit zwei Funkstreifenwagen bewacht.
Der Innenminister hat zudem einen Zehn-Punkte-Plan vorgelegt. Er dringt auf mehr Personal für den Landesverfassungsschutz und den polizeilichen Staatsschutz beim Landeskriminalamt. Zudem soll es Geld vom Land für den baulichen Schutz von Synagogen geben. In diesem Zusammenhang hatte die jüdische Gemeinde in Dessau zuletzt beklagt, Bitten auf Finanzhilfe seien verweigert worden. Das Innenministerium argumentierte, der Staatsvertrag mit den jüdischen Gemeinden sehe das nicht vor.