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Studie: Immer mehr Gewalt an deutschen Schulen Schule als krankes System

Die Ergebnisse des „Schulbarometers“ sind erschütternd: Laut einer Studie hat inzwischen jede zweite Einrichtung ein Gewaltproblem. Die Zustände machen auch Lehrern zu schaffen.

26.04.2024, 22:31
„Schule ist kein Boxring“ und „Kinder frei von Gewalt“ steht auf Schildern während einer Demonstration am 19. März 2024 vor dem Schulamt Cottbus.
„Schule ist kein Boxring“ und „Kinder frei von Gewalt“ steht auf Schildern während einer Demonstration am 19. März 2024 vor dem Schulamt Cottbus. Foto: dpa

Schule als krankes System – diese Aussage geht aus der aktuellen Lehrerbefragung der Robert-Bosch-Stiftung hervor. „Wir sehen in den Ergebnissen die Momentaufnahme eines kranken Systems“, sagte Schulbarometer-Mitautorin Dagmar Wolf. Lehrer litten unter großem Personalmangel und müssten immer neue Belastungen schultern. Auch gebe es zu wenig fachliche Unterstützung und kaum Fortbildungen

Laut Umfrage sagte fast jede zweite Lehrkraft, die eigene Schule habe ein Problem mit psychischer oder physischer Gewalt unter Schülern. Besonders betroffen seien Schulen in Stadtvierteln, die als unterprivilegiert gelten.

Darunter litten wiederum auch die Lehrer: 36 Prozent gaben an, mehrmals pro Woche „emotional erschöpft“ zu sein. 27 Prozent würden gerne kündigen. Gleichzeitig sagten aber 75 Prozent, mit ihrem Beruf zufrieden zu sein.

Als größte Problemfelder benennt die Umfrage das schwierige Verhalten von Schülern sowie den Umgang mit Klassen, in denen Kinder und Jugendliche mit höchst unterschiedlichen kulturellen, sprachlichen und sozialen Hintergründen sind – also mit Migrationsgeschichte. Dringenden Handlungsbedarf sehen die Lehrer, um den Personalmangel zu überwinden, marode Schulgebäude zu sanieren und die digitale Ausstattung zu verbessern.

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) nannte die Ergebnisse alarmierend. Der Bericht mache deutlich, wie groß der Handlungsdruck in der Bildung sei, sagte sie den Zeitungen der „Funke-Mediengruppe“: „Dass fast jede zweite Lehrkraft Gewalt beobachtet, muss alle Beteiligten alarmieren.“ Sicherheit sei eine Grundvoraussetzung, um überhaupt lernen und unterrichten zu können. „Wir müssen Lehrerinnen und Lehrer besser unterstützen und ihnen als Gesellschaft mehr Wertschätzung entgegenbringen.“

Verstörender Vorfall in Cottbus

Erst vor wenigen Tagen hatte es in Cottbus an einer Schwerpunktschule einen schwerwiegenden Vorfall gegeben. Vier Jugendliche aus Deutschland, Libyen und Syrien, die nicht an die Schmellwitzer Oberschule gehen, hatten dort einen 17-jährigen Schüler überfallen und brutal zusammengeschlagen. Eine Lehrerin, die dazwischenging, wurde ebenso verletzt. Der Schüler und die Lehrerin mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden, berichtete die „Lausitzer Rundschau“.

Christliche Kinder wollen konvertieren, um keine Außenseiter mehr zu sein

Am Montag hatte die „Bild“ einen namentlich nicht genannten Staatsschützer zitiert: „Es wenden sich auch immer mehr Eltern deutscher Kinder an Beratungsstellen, weil die christlichen Kinder konvertieren wollen, um in der Schule keine Außenseiter mehr zu sein.“

Der Deutsche Lehrerverband forderte unterdessen mehr Personal und mehr Geld zur Gewaltprävention an Schulen. Wenn Lehrkräfte einen großen Teil der Unterrichtszeit benötigten, um sich mit problematischem Verhalten der Schülern auseinanderzusetzen, bleibe weniger Zeit für guten Unterricht, sagte Verbandspräsident Stefan Düll den Zeitungen der „Funke-Mediengruppe“.

Von der Bosch-Stiftung wurde kritisiert, dass das deutsche Schulsystem wie in kaum einem anderen Land viel zu stark auf „Selektion, Homogenität und Wettbewerb ausgelegt“ sei. Statt „Selektion“ müsse das Schulwesen auf das Faktum der „superdiversen Gesellschaft“ reagieren und neue, inklusive Schulkonzepte entwickeln.

Mehr Anstrengung fordert die Stiftung auch in den Grundschulen, „damit wir an diesem frühen und entscheidenden Punkt der Bildungslaufbahn kein Kind verlieren“. Es brauche mehr Grundschullehrerinnen und -lehrer, damit jedes Kind am Ende der Grundschule die Grundfähigkeiten im Lesen, Schreiben und Rechnen erlernt habe.

Für das Schulbarometer ließ die Bosch-Stiftung Ende 2023 bundesweit 1.608 Lehrerinnen und Lehrer befragen. Die Stiftung sprach von einer repräsentativen Studie. (KNA/UK)