Zirkus-Affe Direktor geht wegen Robby in Berufung
Schimpanse Robby soll nach einer Gerichtsentscheidung in eine Auffangstation kommen. Doch das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.
Lüneburg (dpa) l Wo ist ein praktisch nur unter Menschen aufgewachsener Zirkus-Schimpanse an seinem Lebensabend am besten aufgehoben? Darüber hat in dieser Woche das Verwaltungsgericht Lüneburg entschieden. Schimpanse Robby verbrachte mehr als vier Jahrzehnte in einem kleinen Zirkus, doch nun soll er das Leben mit Artgenossen lernen, entschied das Gericht.
Affenbesitzer Klaus Köhler müsste damit nach all den Jahren Abschied von dem bundesweit wohl letzten Menschenaffen in einem Zirkus nehmen. Er soll das alte Schimpansenmännchen nach dem Willen des Gerichtes an eine Auffangstation abgeben, die auf die Resozialisierung von Menschenaffen spezialisiert ist. Bis das Urteil rechtskräftig ist, kann Robby aber im Circus Belly bleiben. Für seine Entscheidung holte das Gericht das tiermedizinische Gutachten eines Fachtierarztes für Zoo-, Gehege- und Wildtiere ein.
Der beauftragte Experte Pierre Grothmann erklärte, das Schimpansenmännchen könne typische Verhaltensweisen nicht ausleben, etwa in seinem Sexualleben. Ein Wechsel des Clans sei auch nicht möglich, Robby könne nicht frei umherstreifen. Nach Angaben des Sachverständigen hat Robby eine schwerwiegende Verhaltensstörung. Der etwa 45 Jahre alte Affe wurde in einem Zoo geboren und früh von seinen Artgenossen getrennt, schon als Jungtier kam er zum Circus Belly von Klaus Köhler. Robby sei unstreitig in guter körperlicher Verfassung, betonte das Gericht, doch fehle ihm der Umgang mit anderen Affen.
Das Gericht folgte bei seiner Entscheidung im Wesentlichen der Einschätzung des Sachverständigen. Danach spreche vieles dafür, dass eine Resozialisierung von Robby in ein Leben als Affe trotz seines fortgeschrittenen Alters und seines langjährigen Aufenthalts im Zirkus noch gelingen könne. „Robby ist ein Mensch und er wird Mensch bleiben“, sagte dagegen Zirkusdirektor Klaus Köhler im Gerichtssaal.
Die Familie verbringe mehrere Stunden täglich mit dem Affen, betonte er. Dem Tier seien Gestik und Mimik der Artgenossen unbekannt, betonte sein Anwalt Kersten Riedesel – man dürfe Robby nicht in eine unbekannte Zukunft geben.
Eine Resozialisierung des Affen sei aus seiner Sicht Unsinn, hatte Köhler schon vor der Verhandlung erklärt. „Er kennt nur Menschen, keine Artgenossen – da wäre er völlig überfordert.“ Auch bei Autofahrten sei Robby manchmal dabei, die Enkel spielten mit dem Affen Tauziehen. Bei Vorführungen trete er nur noch selten auf. „Eine Entnahme wäre ein Todesurteil für Robby.“ Tierschutzverbände fordern schon länger, die Haltung von Wildtieren in Zirkussen ganz zu verbieten. „Die Abgabe von Robby muss Signalwirkung für die Bundesregierung haben“, sagte eine Sprecherin der Organisation „Vier Pfoten“ nach dem Urteil in Lüneburg. „Robby wird seinen Lebensabend nun zwar artgemäß verbringen können, doch Hunderte Wildtiere warten weiter sehnlichst auf ein Wildtierverbot im Zirkus.“
Die Tierschutzorganisation Peta hatte über Jahre für die Befreiung des Affen gekämpft. Sogar die berühmte Affenforscherin Jane Goodall plädierte in einem von Peta verbreiteten Statement dafür, Robbys „kommerzielle Ausbeutung“ zu beenden.
Vor dem Verwaltungsgericht hatte Zirkusbetreiber Köhler gegen die vom Landkreis Celle bereits im Herbst 2015 angeordnete Abgabe des Affen Klage eingereicht. „Die Entscheidung bestätigt uns in unserer Auffassung, dass es für den Schimpansen besser ist, in einer spezialisierten Einrichtung resozialisiert zu werden“, sagte Michael Cordioli als juristischer Vertreter des Kreises Celle. Zirkusdirektor Köhler will das Urteil aber nicht hinnehmen. „Wir gehen auf jeden Fall in die Berufung“, sagt sein Anwalt. „Eine Selbstverständlichkeit“, ergänzt Köhler.