EU-Beobachter Schauprozess in Istanbul
In Istanbul stehen 17 Journalisten von der Cumhüriyet vor Gericht. EU-Abgeordneter Arne Lietz (SPD) ist als Beobachter vor Ort.
Istanbul/Magdeburg l „Im Gericht herrschen katastrophale Zustände“, berichtet Prozess-Beobachter Arne Lietz am Volksstimme-Telefon direkt aus Istanbul: „Beim Einlass haben wir eine dreiviertel Stunde gebraucht, um zehn Meter voranzukommen.“
Der SPD-Politiker beobachtet mit seiner Abgeordneten-Kollegin Rebecca Harms von den Grünen den Prozess gegen die „Cumhüriyet“-Journalisten für das Europaparlament beobachtet. Lietz schildert, dass für Rechtsanwälte und Familienangehörige im Gerichtssaal nicht genug Platz vorhanden sei. „Mit allen Mitteln wird hier versucht, Angeklagte, Anwälte und Angehörige daran zu hindern, auf ein normales Gerichtsverfahren zu dringen“, so der Wittenberger EU-Abgeordnete.
Das Gerichtsgebäude sei voller Menschen, darunter viele enttäuschte Familienangehörige, die nicht in den Saal gekommen seien. Es gebe auch keine Videoübertragung in einen anderen Raum, um das Geschehen zumindest indirekt verfolgen zu können.
Die Angeklagten halten sich nach dem Eindruck des Europaabgeordneten wacker: „Die Anklage lautet auf Terrorunterstützung für die PKK und die Gülen-Bewegung. Einer der angeklagten Redakteure hat diesen Vorwurf bereits eindrucksvoll widerlegt. Er verwies auf seine Beiträge in der „Cumhüriyet“, in denen er sich ausdrücklich gegen diese Organisationen ausgesprochen hat.“ Unter den „Cumhüriyet“-Leuten gebe es einen großen Zusammenhalt. Der in Deutschland im Exil lebende und ebenfalls angeklagte Ex-Chefredakteur von, Can Dündar, habe ihm vor dem Abflug nochmals seine Solidarität mit den Kollegen versichert, erklärt Lietz.
Die Urteile in Istanbul sollen am Freitag gesprochen werden. Das zeige die Absurdität des Prozesses, meint der SPD-Politiker: „Eine Terrorismusanklage ist nicht so einfach zu beweisen. Und dann soll das in 17 Fällen innerhalb weniger Tage passieren?“
Für Lietz beweist dies nur, was für ein Verfahren es sich handelt: „Das ist ein politischer Schauprozess.“