Linkspartei Korte ist offen für ein Bündnis mit der SPD
Linken-Fraktionsvize Jan Korte im Volkstimme-Interview über Fehler der Partei und Bedingungen für ein Mitte-Links-Bündnis.
Magdeburg l Nach einigen Schlappen konnte die Linke in Berlin zulegen. Die Partei will ein Bündnis im Bund mit SPD und Grünen. Aber nicht um jeden Preis.
In Berlin stehen die Zeichen auf Rot-Rot-Grün. Das befeuert die Debatte um eine solche Konstellation nach der nächsten Bundestagswahl. Wie realistisch ist diese Option?
Jan Korte: Das ist offen, Berlin macht Hoffnung. Man konnte genau spüren, die Leute wollten Rot-Rot-Grün, weil sie den Kanal von der Großen Koalition voll hatten. Das ist ein Hinweis darauf, dass andere Mehrheiten, also Mitte-Links-Bündnisse möglich sind.
Und wie sieht es im Bund aus?
Die SPD bewegt sich nur bei einer starken Linken. Unsere Aufgabe ist bis zu den Wahlen 2017 die Oppositionsführerschaft. Gleichzeitig müssen wir für ein Bündnis mit der SPD offen sein. Denn es braucht dringend eine Alternative zu Merkel und dem Rechtsruck in diesem Land.
Gemeinsamkeiten sind bei der Suche nach einem neuen Bundespräsidenten zu erkennen.
Die Bundespräsidenten-Kandidatur ist natürlich eine interessante Frage. Da ist noch nichts entschieden. Wichtiger ist allerdings, zu schauen, wie eine Mitte-Links-Politik aussehen könnte, von der die Menschen etwas haben. Die Linke ist nur zu einer solchen Option bereit, wenn es einen grundlegenden Politikwechsel gibt. Darüber beginnen gerade Debatten in einer Intensität, wie es sie bisher noch nicht gab.
Zu Ihrer Partei: Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzende im Bundestag, haben Anspruch für die Spitzenkandidatur ohne Placet der Partei angemeldet. Das sorgt für Ärger. Was sagen Sie dazu?
Die kolportierte Darstellung ist nicht richtig. Es gab dazu eine Debatte in der Partei, die andere angestoßen haben. Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch haben sich bereit erklärt, Verantwortung im Bundestagswahlkampf zu übernehmen. Das ist logisch, sie sind erfolgreiche Fraktionsvorsitzende – die Partei hätte ein Problem, wenn die beiden nicht bereit stünden. Ich finde das Angebot gut.
Sind die beiden damit die Spitzenkandidaten?
Das letzte Wort hat dazu die Partei, die das entscheiden wird. Es liegt ein Angebot auf dem Tisch.
Abgesehen von Berlin hat die Linke einige Wahlschlappen einstecken müssen. Sie fordern einen neuen Aufbruch. Wie soll dieser aussehen?
In Berlin haben wir gezeigt, dass wir noch deutlich dazugewinnen können. Auf der anderen Seite, das ist die bittere Wahrheit, haben wir bei den Wahlen in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern dramatisch verloren. Hier müssen wir benennen, was wir falsch gemacht haben.
Was sind die Fehler?
Ich glaube zum einen, dass die Sprache entscheidend ist. Sprechen wir als Linke noch so, dass diejenigen, denen es nicht so gut geht und für die wir originär Politik machen, emotional noch angesprochen fühlen? Da müssen wir besser werden: Nicht allein den Kopf, sondern auch den Bauch ansprechen und dabei die soziale Frage zugespitzt in den Mittelpunkt stellen. In Berlin haben wir zudem bei jungen Menschen mit hohem Bildungsgrad massiv gewonnen. Deshalb müssen wir den Spagat meistern, unterschiedliche Milieus anzusprechen.
Was heißt das konkret?
Gleichzeitig über Chancen von Internet und Digitalisierung für den Arbeitsalltag zu reden, ohne die zu vergessen, die die harte Arbeit wegtragen, die Paketboten zum Beispiel. Mit dem Signal: Wir wissen, was für eine schwere Arbeit ihr leistet. In Zeiten von Niedriglöhnen und Zeitarbeit muss die Linke sich um die kleinen Träume der Menschen kümmern. Gerade in Sachsen-Anhalt mit dem hohen Anteil an prekärer Beschäftigung geht es um ein Stück Planbarkeit des Lebens der kleinen Leute.
Die Linke kam aus dem Protest, ist in der etablierten Politik angekommen. Folgt nun wieder Protest?
Nein und ja. Wir sind eine etablierte Partei. Es war aber ein harter Kampf seit 1990, eine Partei links von der SPD zu etablieren. Das ist historisch ein Riesenfortschritt. Wir stellen einen Ministerpräsidenten, sind an Regierungen beteiligt – da ist man nicht mehr Protestpartei. Wir sind im Gegensatz zu allen anderen aber die Partei, die sich mit den Mächtigen in diesem Land anlegt.
Das sagt die AfD von sich auch.
Die AfD legt sich mit den Schwachen an. Sie spielt die Schwachen gegen die Allerschwächsten aus. Das ist mit Linken niemals zu machen.