Regionalpreis Auszeichnung für fruchtige Geschäftsidee
Zwei Hallenser verkaufen unter „RezeptGewürze“ Fruchtmischungen und Gewürzboxen - und bekommen dafür einen Preis.
Berlin l Mittagszeit. Menschen schieben sich durch die Messehallen der Grünen Woche in Berlin. Zeit für ein Presse-Gespräch hat Heiko Gothe, der Chef von „RezeptGewürze“, eigentlich nicht. Denn am Stand des Hallensers brummt das Geschäft. Beinahe im Dauerbetrieb lässt Gothe zwei Smoothie-Maschinen um die Wette quirlen. Ein Kunde nippt an seinem Rote-Beeren-Mix. „Mmh, geiles Aroma“, urteilt der junge Mann. 3,50 Euro und eine Tüte mit Früchten wechseln den Besitzer.
In den nächsten Tagen könnte das Interesse an dem 2014 gegründeten Unternehmen noch wachsen. Denn „RezeptGewürze“ erhielt gestern den von Sachsen-Anhalt erstmals vergebenen Bio-Regionalpreis – eine Auszeichnung für im Land hergestellte Produkte mit Bio-Qualität. „Nachhaltiges Wirtschaften“ sei auch im Biobereich sehr wichtig, erklärt Umweltministerin Claudia Dalbert (Grüne). Das Unternehmen aus Halle darf nun mit Edeka kooperieren, wo die Fruchtmischungen mit einer speziellen Kampagne beworben werden. „Ich bin sehr glücklich, dass unser Produkt dadurch noch mehr in den Fokus rückt“, sagt Heiko Gothe.
Die pürierten Vitaminbomben der Hallenser sind nicht nur bei Messekunden ein Renner. Die gefriergetrockneten Früchte verkaufen sich vor allem über das Internet. In Tütchen kommen die Mischungen beim Kunden an. Der soll sie mit Wasser zu einem fruchtigen Getränk aufgießen, mit ihnen sein Müsli verfeinern oder gleich pur naschen. „Vitamine und Aromen bleiben durch die schonende Trocknung optimal erhalten“, erklärt Heiko Gothe. Etwas schmunzeln muss er selbst bei diesem Satz. Der geübte Vertriebler gibt ihn auf der Messe nicht zum ersten Mal zum Besten. Doch Worte sind nur die halbe Miete. Er weiß, die Kostprobe ist Argument genug.
Begonnen hat die kleine Erfolgsgeschichte von „RezeptGewürze“ vor rund drei Jahren. Nicht mit Himbeere, Cranberry und Co, sondern: mit Gewürzen. Gemeinsam mit Ehefrau und Geschäftspartnerin Irina Zaytseva war Gothe 2010 auf die Idee gekommen, sich mit einem Gewürzversand selbständig zu machen. Ausgangspunkt war eine frustrierende Erfahrung: „Immer wenn wir mal was Außergewöhnliches nach Rezept kochen wollten, hatten wir nicht die geeigneten Gewürze im Haus“, erinnert er sich. Die Idee: Wem es nach einer asiatischen Entenbrust mit allem Drum und Dran gelüstet, der soll sich keine Gedanken mehr machen, wo er Kurkuma, Koriander, Kreuzkümmel und Zitronengras besorgt.
Nur die frischen Zutaten soll der Verbraucher im Supermarkt erstehen, alles Weitere findet sich in einer kompakten Gewürzbox. Bis diese Idee Realität werden konnte, verstrichen fast vier Jahre. Rezepte mussten am heimischen Herd probiert, Businesspläne verfasst werden. Als es an die Finanzierung ging, machte die Förderbank einen Rückzieher. Mit zu geringem Eigenkapital ausgestattet, lag der Traum vom Startup auf Eis. 2014 hatte man das nötige Kapital beisammen - die Hallenser konnten loslegen. Obwohl Kochboxen in Zeiten von Hellofresh oder Kochhaus heute nichts wirklich Neues mehr sind, sieht Gothe für sein Produkt ein Alleinstellungsmerkmal. „Außer uns gibt es niemanden, der Gewürze in dieser Form verschickt.“ Will heißen: Gothe und seine Partnerin bieten Gewürze in zertifizierter Bio-Qualität. Obenddrein gibt es außergewöhnliche Rezepte à la „Filet Café de Paris“ mit Vanille-Spargel. Oder zur richtigen Zubereitung deftiger „Königsberger Klopse“ – verfeinert mit extravaganten Gewürzen wie Tellicherry Pfeffer, Macis oder Lemon Myrtle.
Die Prognosen für die junge Firma sind gut. Mit den Kochboxen ist sie in mehreren Thalia-Filialen vertreten. In den vergangenen beiden Jahren konnte „RezeptGewürze“ seinen Umsatz jeweils verdoppeln. Für das laufende Jahr kalkuliert Gothe mit einem Erlös von 300.000 bis 500.000 Euro. Seitdem 2015 die Fruchtmischungen ins Sortiment aufgenommen wurden, steigt die Nachfrage danach kontinuierlich an. 20 verschiedene Sorten hat er auf Lager. Tendenz steigend. Vertrieben wurde die Bio-Linie schon vor dem Erhalt des Regionalpreises in verschiedenen Edeka-Centern in Bayern, Berlin, Brandenburg – und in Sachsen-Anhalt. Eines ist klar: Mit dem Regionalpreis in der Tasche könnte die Kooperation mit der Handelskette nun noch intensiver werden. Heiko Gothe wird nichts dagegen haben, wenn der Smoothie-Durst der Menschen noch eine Weile anhält.