Krimis in Deutschland Heimat-Kost im Bücherregal
Mord, Intrigen, Opfer, Täter - das sind die Grundzutaten für jeden
Krimi. Gibt man nun noch etwas lokales Kolorit und eine gehörige Prise
Talent hinzu, ist das Rezept für einen Regionalkrimi perfekt.
Magdeburg l Immer mehr Autoren nutzen die erfolgreiche Mischung aus Tod, Schuld und Heimatliebe als Zutat für ihre neuesten Werke.
Mit gutem Grund, denn der Hunger nach Regionalkrimis ist groß. Und weil die Verlage inzwischen erkannt haben, dass sich der Appetit der Leser seit 1980 immer mehr in diese Richtung entwickelt, veröffentlichen sie derzeit reihenweise spannende Geschichten, die in den Straßen der Heimat spielen.
So auch der in Halle ansässige Mitteldeutsche Verlag, der mit Bernd Kaufholz und Bernhard Spring zwei Regionalkrimi-Autoren aus Sachsen-Anhalt vorweisen kann.
Beide Autoren haben verstanden, dass ihre Mitbürger es genießen, über Verbrechen in ihrer Nachbarschaft zu lesen. Denn so können sie auch noch nach dem Zuklappen des Buches einen Nachgeschmack der Angst spüren, wenn sie durch die ihnen bekannten Straßen laufen.
Springs Regionalkrimi "Fliederbordell" ist der bisher erfolgreichste Sachsen-Anhalt-Krimi des Mitteldeutschen Verlages. In ihm können die Leser den Ermittler Till Thamm begleiten, der unter anderem mit einem in der Saale tot aufgefundenen Asiaten konfrontiert wird.
Auch Bernd Kaufholz lässt seine literarischen Figuren in Magdeburg und Umgebung ums Leben kommen. Gerade wurde sein neuestes Werk "Tödlicher Skorpion" veröffentlicht, in dem es um eine Rechtsanwältin geht, die ins Magdeburger Prostitutionsmilieu gerät.
Kaufholz glaubt zu wissen, warum die Leser auf den Geschmack von Regionalkrimis gekommen sind: "Sich in den Orten seines Lebens wiederzufinden, ist der Kick."
Eine Aussage, die Joanna Hengstenberg, Pressereferentin des Mitteldeutschen Verlags, unterschreiben kann: "Regionalkrimis sind besonders aufgrund ihres Wiedererkennungswertes bei den Lesern beliebt. Die Leser kennen den Marktplatz, auf dem der Mord passiert, sie kennen die Straßen, die Stadt."
Inzwischen gibt es kaum noch eine Region, die noch nicht zum Schauplatz fiktiver grausamer Morde wurde.
Keine Frage, die Deutschen lieben Heimat-Kost. Doch der Rest der Welt scheint voller Kostverächter zu sein, denn die Regionalkrimis aus Deutschland werden nur selten auch außerhalb ihrer eigenen Stadtgrenzen gelesen. Demnach bewegen sich die Auflagenzahlen auch nicht in Richtung Bestsellerlisten.
Inge Nedwed, Leiterin des Dorise Verlags, in dem unter anderem der Regionalkrimi "Mordfall Holger W." veröffentlicht wurde, verrät: Die Erstauflage der Bücher liegt zwischen 200 und 500 Stück. Einige mehr, genauer gesagt zwischen 2000 und 5000 Exemplare pro Regional-Krimi, liefert der Mitteldeutsche Verlag an den Buchhandel aus. Geschäftsführer Roman Pliske erklärt, die Höhe der Auflage werde nach dem Potenzial der einzelnen Werke bestimmt.
Die Auflagen-Zahlen beweisen: Der Erfolg deutscher Regionalkrimis lässt sich nicht mit dem der skandinavischen oder italienischen Bestseller vergleichen.
Experten bezweifeln, dass sich daran in Zukunft etwas ändern wird.
Die Geschäftsführerin vom Landesverband Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Regine Lemke, bezeichnet Regionalkrimis sogar als "Modetrend".
Sollte sie Recht behalten, haben sich die Leser vielleicht schon bald wieder an Lokalkolorit-Literatur sattgegessen.