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Aufgepumpt Meister der rundlichen Formen: Fernando Botero wird 85

Er ist einer der wichtigsten lateinamerikanischen Künstler, sein Markenzeichen sind recht üppige Proportionen. Fernando Botero ist seiner Heimat Kolumbien immer treu geblieben, den Friedensprozess hat er auf seine Art gewürdigt - auch mit 85 ist er voller Tatendrang.

Von Juan Garff und Georg Ismar, dpa 18.04.2017, 10:14
Fernando Botero feiert die Sinnlichkeit des Lebens. Foto: Andy Rain
Fernando Botero feiert die Sinnlichkeit des Lebens. Foto: Andy Rain EPA

Medellín (dpa) - Eine sehr rundliche Frau liegt hüllenlos mitten auf der Plaza Botero. Ein korpulenter Soldat reitet auf einem Pferd. Und ein üppiger Mann steht nackt und dominant auf dem Rücken einer Frau.

Es gibt wenige Orte auf der Welt mit solch einem ungewöhnlichen Freilichtmuseum, die die Liebe eines Künstlers zu seiner Heimatstadt manifestieren. Die 23 geschenkten Bronzefiguren des kolumbianischen Bildhauers und Malers Fernando Botero auf der nach ihm benannten Plaza Botero stehen für das neue Medellín. Das Medellín, das die niedrigsten Mordraten seit Jahrzehnten aufweist, Touristen anlockt und die Schatten von Pablo Escobars Drogenkartells hinter sich lässt.

Botero, der am 19. April 85 Jahre alt wird, ist einer der wichtigsten und bekanntesten Künstlers Lateinamerikas der Gegenwart - bekannt für die überproportionalen Formen, meist recht sexualisiert. Bis nach China sorgt er für Furore. Damit sich der nimmermüde Künstler nicht zu alt fühlt, dürfen ihn seine Enkel übrigens nicht "Opa" nennen, sondern nur "Fer", wie die Zeitung "El Tiempo" berichtet.

"Ich habe nie eine dicke Frau gemalt", betonte er mal ironisch. Dabei hat er es zu Weltruhm gebracht mit seinen üppigen Damen. Für ihn sind das aber keine dicken Frauen, sondern der künstlerische Ausdruck einer Verherrlichung der Sinnlichkeit und des Lebens. "Ich gebe allem Volumen: einem Tier, einem Mann, einem Pferd, einer Landschaft, was es auch sei. Großzügigkeit und Üppigkeit stehen für mich in enger Verbindung mit der Sinnlichkeit."

Die Formen sind so ungewöhnlich, dass sie niemanden kalt lassen. Seinen unverkennbaren Stil begann er 1956 in Mexiko zu entwickeln, als er eine Mandoline malte. "Als ich das Loch im Musikinstrument malte, sah ich, dass es sehr klein war und die Mandoline dadurch größer wirkte. Da sagte ich mir: hier ist etwas geschehen. Ich begann hierüber nachzudenken", erzählte er in Mexiko-Stadt bei einer Retrospektive über sein Erweckungserlebnis. Ausstellungen erzielen Rekordzahlen, die in Mexiko sahen 300 000 Besucher. Einer seiner Galeristen, Luis Fernando Pradilla, sagte "El Tiempo", Picasso, Miró und Botero seien die Künstler, "die am meisten kopiert und gefälscht werden auf diesem Planeten". Im Atelier steht ihm niemals jemand Modell. Botero malt aus der Erinnerung und mit seinen Gedanken.

Er wurde 1932 in Medellín geboren. Der Vater starb früh und hinterließ der Familie nur wenig. Ein vom Stierkampf begeisterter Onkel schickte Botero mit 15 Jahren in die Torero-Schule. Doch anstatt mit den Stieren zu kämpfen, zeichnete der Junge sie. Er fand Arbeit als Illustrator bei der Zeitung "El Colombiano" und gewann einen Kunstpreis in Bogotá. Mit dem Geld reiste er nach Europa, wo er vor allem in Italien die Künstler der Renaissance studierte.

In Mexiko beschäftigte er sich später mit den Wandgemälden von Diego Rivera und José Clemente Orozco. Auch die lateinamerikanische Tradition der indianischen Kirchenmalerei in ihrer Farbenpracht sowie das Werk von Pablo Picasso und Georges Braque hatten Einfluss auf Botero. "Die eigene Identität zu finden ist ein sehr delikates Problem", sagt er. Er habe dafür zehn Jahre seit dem Erlebnis mit der Mandoline gebraucht, auf der Suche nach einer stilistischen Kohärenz und Reife, die er in seinen New Yorker Jahren festigte.

Dort entdeckten ihn 1969 zwei deutsche Kunsthistoriker und Kuratoren, Dietrich Mahlow und Klaus Gallwitz, die den noch recht unbekannten Künstler nach Deutschland einluden und dort Ausstellungen mit seinen Werken organisierten. Ab da ging es bergauf mit seiner Karriere. Seine über 3000 Bilder und 300 Skulpturen stehen in Museen und auf öffentlichen Plätzen in 60 Städten und erreichen Rekordpreise.

In Bogotá gibt es das größte Museum mit seinen Werken. 2007 machte er mit politischen Werken von sich reden, in seinem unnachahmlichen Stil stellte er in überproportionalen Formen mit der "Abu Ghraib-Serie" die Folterpraktiken der US-Soldaten im Irak nach, zudem setzte er sich mit dem Konflikt in seinem Heimatland Kolumbien auseinander.

Botero lebt überwiegend in Monte Carlo und im norditalienischen Pietrasanta, im europäischen Winter kam er mit seiner dritten Frau, der griechischen Künstlerin Sophia Vari, auch immer wieder zum "Überwintern" nach Río Negro bei Medellín. Er ist der Heimat bis heute treu verbunden. Im September überreichte er Präsident Juan Manuel Santos eine Bronzefigur, um den Friedensprozess mit der Farc-Guerilla zu würdigen: Eine ziemlich dicke weiße Friedenstaube.

Museum Botero in Bogotá