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Von 1943 bis 1945 hat eine Magdeburger Familie geholfen, dass ein jüdischer Lehrer und Rabbiner nicht entdeckt wird.

Von Martin Rieß 20.08.2016, 01:01

Magdeburg l Am 28. September kommt Miriam Brudermann, geborene Fernbach, aus Israel nach Magdeburg. An diesem Tag soll in der Rogätzer Straße 7 ein Stolperstein verlegt werden, der an Chana Torker erinnert. Sie war die Großmutter von Miriam Brudermann und wurde 1942 nach Theresienstadt und von dort nach Auschwitz deportiert. Auch an andere sieben Familienmitglieder, die im Zuge des Holocausts ermordet wurden, soll an dieser Stelle erinnert werden.

Wenn die inzwischen 86-jährige Miriam Brudermann nach Magdeburg kommt, möchte sie aber auch einem anderen Teil ihrer Familiengeschichte nachspüren. Ihre Eltern haben nämlich den Nationalsozialismus überlebt, weil eine Magdeburger Familie ihnen über mehr als zwei Jahre geholfen hat, ihre jüdische Identität zu verschleiern. Die Rede ist von Ellen und Carl Müller, die vor der Zerstörung der Magdeburger Innenstadt durch den alliierten Luftangriff am 16. Januar 1945 in der Neustädter Straße 42 lebten. Familie Müller hatte Lea Fernbach, geborene Torker, geholfen, in Mecklenburg unterzutauchen. Und den Vater Moses Fernbach nahm die Magdeburger Familie kurzerhand bei sich zu Hause auf. Angesichts der Strafen, die auf das Verstecken von Juden standen, war das ein gefährliches Spiel.

In den von Otto Kersting bearbeiteten Tonbandaufnahmen von Moses Fernbach, die später in Tel Aviv aufgenommen wurden, erinnerte sich dieser an die Umstände des Lebens in Magdeburg. Familie Müller hatte Miriam Fernbachs Vater in ihrer Wohnung untergebracht und den Nachbarn kurzerhand als Max Friedrich bekannt gemacht. Wie dieser berichtete, hatte Carl Müller ihm einmal gesagt: „Du kannst essen in der Höhle des Löwen, du gehst in die Kleine Mühlenstraße.“ Dort befand sich ein Lokal, in dem in der Regel Leute von der SA und der SS einkehrten. Carl Müller hatte die Wirtin bereits informiert, dass Max Friedrich zum Essen vorbeikommen würde. So kam der jüdische Lehrer und Rabbiner mit der falschen Identität mit den Mitgliedern der SA in Kontakt und berichtete diesen seitdem regelmäßig, woran er in der Metallwerkstatt, in der er inzwischen als Dreher tätig war, gearbeitet hatte. Den dort gepflegten militärischen Umgangston kannte er aus der eigenen Militärzeit, als er im Ersten Weltkrieg für Deutschland gekämpft hatte, und konnte sich daher auf diesen auch schnell und gut einstellen.

Bei ihrem Besuch möchte Miriam Brudermann Kontakt zu Kindern, Enkeln oder anderen Verwandten von Ellen und Carl Müller aufnehmen. Sie weiß, dass Ella Müller 1951 in der Goethestraße 42 gelebt hat. Den Kontakt stellt die Arbeitsgruppe „Stolpersteine für Magdeburg“ auf – siehe Infokasten.

Neben ihren Eltern und Miriam Brudermann hat auch ihre Schwester Susanne den Holocaust überlebt.