Zirkusschimpanse Robby bleibt in der Manege
Noch bis zum 2. Oktober gastiert der Wanderzirkus Belly in Magdeburg. Star in der Manege ist Schimpanse Robby. Tierschützer machen mobil.
Magdeburg l Robby ist ein ziemlich schlauer Bursche. Kaum ist sein Herrchen Klaus Köhler beim Spielen abgelenkt, stibitzt er ihm eine Banane aus der Tasche, auf die der Schimpanse sofort ein Auge geworfen hat, als sein Herrchen das Gehege betrat. Mit seiner Beute nimmt Robby Kurs auf zwei Stühle, macht sichʼs gemütlich und genießt seine leckere Banane. „Ausgetrickst, das Herrchen“, kann man in seinem Gesicht lesen.
Robby macht einen entspannten Eindruck. Dass um ihn inzwischen ein erbitterter Streit bis vor Gericht geführt wird, davon ahnt der Primat nichts. Vielleicht ist es auch besser so. Sein Herrchen und Besitzer Klaus Köhler ist sich indes sicher: „Robby fühlt sich hier absolut wohl. Er ist Teil unserer Familie. Und das seit 40 Jahren.“
Das mit dem Wohlfühlen zweifeln Tierschützer entschieden an. Sie haben dem Zirkus Belly schon vor Jahren den Kampf angesagt: Als letzter in einem deutschen Zirkus lebender Schimpanse spielt Robby dabei die Hauptrolle. Der Vorwurf der Tierschützer: Der Zirkus Belly verstoße gegen die Mindestrichtlinien für die Schimpansenhaltung. Danach stünden dem Schimpansen neben einem 400 Quadratmeter großen Gehege auch „adäquate Kletterstrukturen sowie Rückzugs- und Beschäftigungsmöglichkeiten“ zu.
Beim Zirkus Belly lebe der Menschenaffe aber auf „lediglich einem Bruchteil der vorgeschriebenen Gehegegröße“, so die Tierrechtsorganisation Peta. Am Mittwoch, dem Tag von Bellys Gastspielpremiere an der Umfassungsstraße, verschickten die Tierschützer eine lange Presseinformation, in der sie das Magdeburger Veterinäramt zur Durchsetzung der Haltungsrichtlinien für den Menschenaffen auffordern.
Klaus Köhler kennt diese Presseinfos, da sie häufig verschickt werden, wo der Wanderzirkus zu Gast ist. „Sie benutzen Robby, um für sich Werbung zu machen. Das sind Scharlatane“, schimpft er.
Tatsächlich hat das Verwaltungsgericht Lüneburg in einem Eilverfahren Anfang Dezember 2015 festgestellt, dass die Einzelhaltung des Schimpansen tierschutzwidrig sei. Eine Fortnahme sei aber nur zulässig, wenn das Tier erheblich vernachlässigt werde oder massiv verhaltensgestört sei. Das müsse erst geklärt werden. Robby dürfe so lange im Zirkus bleiben, bis in der Hauptsache entschieden sei.
Klaus Köhler hat damit einen ersten Teilerfolg vor Gericht erzielt, nachdem der niedersächsische Landkreis Celle als zuständige Genehmigungsbehörde im Oktober 2015 zunächst angeordnet hatte, dass Robby den Zirkus verlassen und an eine Auffangstation für Schimpansen abgegeben werden soll.
Sein Besitzer ist froh über dieses erste Urteil und will notfalls durch jede Instanz gehen, damit Robby im Zirkus bleiben darf. „In der Auffangstation wäre Robby auch nur eingesperrt“, argumentiert Köhler. Den Schimpansen nach so vielen Jahren aus seiner gewohnten Umgebung zu nehmen, würde er nicht überleben, davon ist Köhler überzeugt.
Robby soll bereits 44 Jahre alt sein, ein hohes Alter. Er kam mit 4 Jahren aus einem kleinen Familienzirkus zu Klaus Köhler und dem Zirkus Belly. „Er kennt nur uns“, sagt Köhler.
Gleichwohl weiß sein Besitzer um die Zeichen der Zeit. „Robby ist ein Auslaufmodell“, räumt der Direktor ein. Die Akzeptanz in der Bevölkerung für die Zirkushaltung von Wildtieren sinke, sie sei zudem ein großer Kostenfaktor. „Ich würde mir keinen Affen mehr holen, auch keinen Tiger oder Löwen“, sagt er. Doch Robby? Robby müsse bleiben. „Dafür kämpfe ich bis zum Schluss“, unterstreicht Klaus Köhler (68).
Nach dem Eilbeschluss des Lüneburger Gerichts hat auch der Landkreis Celle eingelenkt. Bis zum abschließenden Urteil duldet die Behörde, wenn Robby weiter in der Manege auftritt, so ein Bescheid vom Februar 2016.
Das Magdeburger Gesundheits- und Veterinäramt sieht ebenfalls keinen Handlungsbedarf. Noch vor dem Start des Gastspiels waren – wie generell vorgeschrieben – Mitarbeiter vor Ort. Sie haben sich speziell auch Robby angesehen. Der Affe sei ein „zufriedenes und ausgeglichenes Tier, das einen engen Kontakt zu Herrn Köhler“ habe, befanden die Amtsvertreter.
„Die Haltungsbedingungen sind auch in Ordnung. Alle Tiere sind in einem guten Ernährungs- und Pflegezustand“, bescheinigten die Fachleute dem Zirkusdirektor. „Damit kann der Zirkus Belly wie geplant sein Programm in der Stadt aufführen“, sagte Amtsleiter Dr. Eike Hennig auf Volksstimme-Nachfrage.
Robby bleibt damit erst mal der Star in der Manege. Darf weiter Roller fahren, mit Hunden spielen und Bälle werfen. Bis das Gericht entscheidet.