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Kitas Eher Regelbetrieb als Notbetreuung?

Trotz Notbetreuung sind manche Kitas in Schönebeck vergleichsweise stark frequentiert - und daran gibt es Kritik.

Von Paul Schulz 03.02.2021, 00:01

Schönebeck l „Von ‚Notbetreuung‘ kann man eigentlich kaum noch sprechen. Eher von einem eingeschränktem Regelbetrieb“, fasst Angela Spandau, Leiterin der Kita „Knirpsenland“ der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in Schönebeck, zusammen. Damit bezieht sie sich auf die Auslastung der Kita, die aktuell bei etwa 60 Prozent liegt. Zum Vergleich: Landesweit lag die Quote laut Sozialministerium in den Kitas zuletzt (Stand: 19. Januar) bei 31 Prozent. Teilweise gibt es aber auch Einrichtungen, beispielsweise in Salzwedel (Altmark) oder Flechtingen (Börde), die bis zu 80 Prozent belegt sind.

Auch in den Kitas in Plötzky und Pretzien, die in Trägerschaft der Stadt Schönebeck liegen, ist die Betreuungsquote mindestens über 50 Prozent, teilen die Leiterinnen der Kindertageseinrichtungen mit.

Aber nicht alle Einrichtungen in der Stadt sind derart stark frequentiert. So liegt in der Kita „Kinderoase“ der Lebenshilfe Bördeland die Auslastung bei etwa einem Drittel – also im Landesdurchschnitt, wie Leiterin Kathleen Dobertin mitteilt. Ähnlich sieht das bei der Kita „Pusteblume“ der Volkssolidarität aus. Einrichtungsleiterin Claudia Kober: „Wie haben derzeit rund 40 von 110 Kindern hier.“ Das sind 36 Prozent.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Sachsen-Anhalt sieht die hohen Belegungszahlen kritisch. „Betreuungsquoten von bis zu 80 Prozent konterkarieren die eigentlich vorgesehene Notbetreuung und führen zu steigenden Belastungen der Beschäftigten“, heißt es in einer Pressemitteilung der Gewerkschaft.

Auch Angela Spandau hebt hervor, dass die Umsetzung der Infektionsschutzvorgaben umso schwieriger wird, je höher die Betreuungsquote ist. „Zum Glück sind alle Erzieher wohlauf und im Einsatz, sonst wäre es noch komplizierter“, so die Kita-Leiterin. Gleichzeitig hat sie aber auch Verständnis für die Situation. „Die Eltern müssen arbeiten gehen, um die Wirtschaft am Laufen zu halten – und das bedeutet, dass die Kinder betreut werden müssen.“

Die GEW fordert von Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) und der Landesregierung, dass die Lage entschärft wird. Dies wäre etwa durch eine bessere Absicherung des Gesundheitsschutzes für das Kita-Personal möglich, was auch über eine konsequentere Auslegung des Notbetreuungsanspruchs erfolgen sollte. Denn die Liste der systemrelevanten Berufe, die Anspruch auf Notbetreuung haben, ist lang und teilweise grob formuliert, sodass ganze Branchen als systemrelevant eingestuft werden können und nicht nur einzelne Berufe.

Zudem wird gefordert, Beschäftigten in den Kindertageseinrichtungen deutlich früher ein Impfangebot zu unterbreiten, als derzeit geplant ist. „Nur durch eine schnelle Immunisierung des Personals kann auch den notwendigen Betreuungserfordernissen Rechnung getragen werden“, so die Begründung der Gewerkschaft.

Eine Forderung, der Claudia Kober und Angela Spandau grundsätzlich zustimmen. „Wir haben täglich mit den Kindern Kontakt, können aber natürlich nicht wissen, wo sie den Rest des Tages oder am Wochenende sind und ob sie sich vielleicht irgendwo mit Covid angesteckt haben“, sagt Angela Spandau. Daher würde sie eine frühe Impfung von Erziehern begrüßen. Auch Lisette Zanke von der Gemeindeelternvertretung Schönebeck hält dies für angebracht. „Bei dem täglichen Kontakt mit mehreren Kindern, sollten Erzieher und auch Lehrer unbedingt so früh wie möglich geimpft werden“, so Zanke. Kathleen Dobertin hält dies derweil noch nicht für notwendig. „Wenn die Kitas wieder komplett öffnen sollen, dann sollte darüber nachgedacht werden, aber in der derzeitigen Situation ist es noch nicht nötig“, sagt sie.

Lisette Zanke hebt weiterhin hervor, dass die Situation nicht nur für die Erzieher kompliziert ist. „Einerseits haben die Eltern eine Verpflichtung gegenüber ihrem Job. Sie wollen und müssen ja arbeiten. Andererseits hat man in diesen Zeiten schon auch Sorge, das Kind abzugeben“, sagt sie. Außerdem berichtet Lisette Zanke von einer großen Unsicherheit unter den Eltern. „So war anfangs beispielsweise unklar, wie und ob die zusätzlichen Kinderkrankentage genutzt werden können. Auch wie man einen Zettel für die Notbetreuung kommt, war für einige Eltern unklar“, zählt Zanke exemplarisch auf.

Am schlimmsten sei aber, das betont die zweifache Mutter, dass vielen Kindern der soziale Kontakt zu Gleichaltrigen fehlt. Und das sei durch nichts zu ersetzen.