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Kriminalstatistik Verrohung der Gesellschaft nimmt zu

Die Polizei des Salzlandkreises hat die Kriminalitätsstatistik für 2016 vorgestellt.

Von Ulrich Meinhard 17.03.2017, 02:00

Schönebeck/Staßfurt l Sage und schreibe 162 Taten hat ein junger Mann aus Bernburg begangen. 156 Mal wollte er in Einfamilienhäuser eindringen, sechs Mal brach er ein Auto auf. Gerade als die Polizei seine Wohnung durchsuchte, lief er den Beamten mit der Beute aus einem weiteren Einbruch in die Hände. Am 18. August 2016 klickten die Handschellen. Und - auch wenn es unglaublich klingt - die Festnahme des 34-Jährigen wirkt sich sichtlich in der Kriminalstatistik des vergangenen Jahres aus. Die nämlich ist am Donnerstag im Bernburger Polizeirevier vorgestellt worden.

Die Polizei im Salzlandkreis ist im vergangenen Jahr 12.290 Straftaten nachgegangen und hat sie dokumentiert - drei mehr als 2015. Aufgeklärt werden konnten 6864 Straftaten, das sind gut 56 Prozent, 2015 waren es 53,7 ProzentDas kann sich im Behördenvergleich durchaus sehen lassen“ resümierte der Leiter Kriminaldienst, Sven Aschenbrenner. Er sowie Polizeisprecher Marco Kopitz erläuterten vor Journalisten die aktuellen Zahlen.

Von den 4543 Tatverdächtigen waren 353 Ausländer, was einer Quote von acht Prozent entspricht. Ein Mord hat sich im Salzlandkreis im vergangenen Jahr nicht ereignet. Dennoch weist die Statistik fünf „Straftaten gegen das Leben“ aus. Hierbei handelt es sich um Totschlag (ein Fall), beziehungsweise um versuchten Totschlag.

Beim Blick auf die Altersstruktur zeigt sich, dass von den 4543 Tatverdächtigen 3661 im Erwachsenenalter sind, 298 gelten als Heranwachsende, 403 sind Jugendliche. Immerhin wurden auch 181 Kinder straffällig. Die große Mehrheit der mit dem Gesetz in Konflikt geratenen Menschen ist männlichen Geschlechts, nämlich 3298, 1245 sind weiblich.

Eine Zunahme verzeichnen die Ermittler bei den sogenannten Rohheitsdelikten (1748 Fälle im Gegensatz zu 1738 im Jahr 2015 und 1584 im Jahr 2014), ein landesweiter Trend. Dazu gehören neben Mord auch Sexualdelikte, Raub, räuberische Erpressung, Freiheitsberaubung, auch gefährliche und schwere Körperverletzung sowie unter bestimmten Umständen Hehlerei. Immer öfter gehen Menschen im Streit aufeinander los. „Die Verrohung der Gesellschaft, wie es bereits schon der Innenminister erklärt hat, ist auch im Salzlandkreis bemerkbar“, sagte Sven Aschenbrenner. Oft seien es Nachbarn, die gegeneinander handgreiflich werden. Bei Körperverletzung weist die Statistik 1170 Fälle aus, bei gefährlicher und schwerer Körperverletzung 272 Fälle, bei leichter Körperverletzung 835 Fälle und bei fahrlässiger Körperverletzung 46 Fälle.

Zugenommen hat zudem der besonders schwere Diebstahl, dazu gehören alle gestohlenen Dinge, die gesichert waren, zum Beispiel auch angeschlossene Fahrräder. Bei den Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung zählt die Polizei 98 Fälle, hier handelt es sich vor allem um sexuelle Belästigung.

Bei den Aufklärungsquoten ergibt sich ein differenziertes Bild. Rohheitsdelikte, Straftaten gegen sexuelle Selbstbestimmung, Straftaten gegen das Leben und auch Vermögens- und Fälschungsdelikte werden fast alle aufgeklärt (zwischen 76 und 100 Prozent). Die Quote wird gedrückt durch die vielen Diebstähle, 5122 erfassten die Polizeibeamten im vergangenen Jahr. „Diebstähle sind der Haupttummelplatz im Revierkriminaldienst“, umschrieb es Aschenbrenner. Während bei Delikten wie Körperverletzung der Täter durch die Aussagen der Betroffenen quasi gleich mitgeliefert wird, fehlen den Polizisten bei Diebstählen zumeist Anhaltspunkte. Die Aufklärungsquote liegt hier bei lediglich 29 Prozent. Bei den Wohnungseinbrüchen, die 2016 auf insgesamt 373 anstiegen (195 im Jahr 2015), stieg auch die Aufklärungsquote auf 40 Prozent und zwar durch die Verhaftung des eingangs erwähnten Serienstraftäters. Der freilich verdient eventuell das Mitleid der Gesellschaft, handelt es sich doch um einen schwer drogenabhängigen Menschen, der etwa 200 Euro pro Tag brauchte, um seine Drogensucht zu finanzieren. Der Mann ist mittlerweile zu zwei Jahren und zwei Monaten Freiheitsentzug verurteilt worden und befindet sich gegenwärtig im Maßregelvollzug in Bernburg. Bei seinen 156 Einbrüchen in Einfamilienhäuser kam er 16 Mal zum Erfolg. Beträchtlich war vor allem der durch die Einbruchsversuche entstandene Schaden.

Apropos Drogen: Im Salzlandkreis ist die Kreisstadt Bernburg die „Hochburg“ hinsichtlich des Drogenkonsums. Aschenbrenner spricht von einem „erheblichen Stamm an Crystal-Konsumenten“ (Crystal gilt als gefährlichste Droge der Welt). Trotz des zurück gehenden Personals im Polizeirevier Salzlandkreis wollen sich die Beamten verstärkt der Rauschgiftkriminalität entgegenstellen, sagte Aschenbrenner. 2016 gab es insgesamt 485 Rauschgiftdelikte - dokumentierte wohlgemerkt. Heroin und Kokain sind hierbei selten festgestellt worden. Crystal ist in 87 Fällen, Ecstasy in 43 Fällen konsumiert worden, Cannabis in 153 Fällen. Was der Polizeioberrat auch beobachtet: „Rauschgiftdelikte stellen wir im Gegensatz zu früher auch auf dem Lande fest.“

 

1322 Mal ist im vergangenen Jahr im Salzlandkreis betrogen worden, viele dieser Fälle - und auch hier im steigenden Maße - ereignen sich über das Internet, indem zum Beispiel Produkte oder Leistungen angeboten und abgerechnet werden, die gar nicht existieren. Im Internet nimmt auch die Zahl der Beleidigungen zu, vorrangig in sozialen Medien. Polizeisprecher Marco Kopitz betonte: „Das Internet ist kein rechtsfreier Raum.“

In 205 Fällen waren sich Ärzte beim Ausstellen des Totenscheines nicht sicher, ob es sich um einen natürlichen Tod gehandelt hat. Also begann die Polizei zu ermitteln, in 37 Fällen ist deshalb eine Obduktion angeordnet worden; 35 Personen beendeten ihr Leben durch einen Selbstmord.

Auf die Frage, welcher Ort im Salzlandkreis der sicherste ist, sagte Marco Kopitz: „Hier im Polizeirevier.“ Da könne man sich ganz sicher sein.