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Vereinsleben Männer mit der Lizenz zum Funken

Einmal im Monat treffen sich die Harzer Funkamateure in Wernigerode. Die Männer brennen für ihr außergewöhnliches Hobby.

Von Ivonne Sielaff 14.10.2016, 01:01

Wernigerode l „Whiskey 09“ – das steht für Wernigerode. Die Harzer Funkamateure wissen das. Jeder Ortsverband in Deutschland hat ein solches Kürzel. Warum Whiskey? „Eigentlich heißt es W09“, sagt Norbert Stiller. „W“ steht für den Distrikt Sachsen-Anhalt. „Wir Funkamateure benutzen das internationale Buchstabieralphabet. Und ‚W“‚ist gleich Whiskey.“

20 Mitglieder hat der Ortsverband Wernigerode, allesamt Männer, die aus allen Ecken des Altkreises Wernigerode stammen. Was sie eint, ist die Liebe zur Technik und ihre Leidenschaft für die Kommunikation über Funkwellen. Den Chef des Ortsverbandes hat diese Leidenschaft schon früh gepackt. „Ich war als Kind auf einem Weihnachtsmarkt in Berlin“. erinnert sich Stiller. „Da gab es einen Stand, an dem man einen Detektorenempfänger bauen konnte. Ganz simpel mit einer Germaniumdiode und einer Telefonkapsel. Von da an war ich Feuer und Flamme.“

Viele Leute hätten eine eher antiquierte Vorstellung vom Funken. „Sie denken, wir sitzen den ganzen Tag zu Hause und kurbeln an unseren Geräten herum. Es ist aber viel mehr“, so Stiller. Das Funken sei eine vielseitige Beschäftigung. „Es ist ein faszinierendes Hobby mit vielen technischen Möglichkeiten. Es geht um die Begeisterung für interessante elektronische Schaltungen, um Ausbreitungsbedingungen und die Frage, wo werden meine Signale gehört und wer antwortet mir? Sehr wichtig sind uns internationale Kontakte.“

Funkamateure sind auf der ganzen Welt aktiv. Deutschlandweit gibt es gut 67 000 Mitglieder, die im Deutschen Amateur und Radioclub (DARC) organisiert sind. In Sachsen-Anhalt sind es etwa 650, informiert Stefan Seifert. Er engagiert sich nicht nur in der Ortsgruppe, gleichzeitig ist er Vizechef für den Amateurfunkdistrikt Sachsen-Anhalt. Besonders spannend ist für ihn die Suche nach Verbindungen zu Regionen mit wenigen Funkstationen – wie abgelegene Inseln oder Länder. „Und wenn ich eine neue Region erwische, freue ich mich wie ein Kind“, sagt Seifert. Er habe bestätigte Funkverbindungen in etwa 130 Regionen der Welt – darunter Japan, Amerika, Australien. Er selbst saß schon in Afghanistan am Funkgerät. Sogar eine Verbindung mit der Raumstation MIR ist ihm gelungen.

Über den Funkkontakt würden sich richtige Freundschaften entwickeln, sagt Stiller. „Wir fachsimpeln über Technik, geben uns fachliche Unterstützung, helfen einander.“

Denn für das Funken ist ein gewisses Maß an technischem Verständnis notwendig, betont Norbert Stiller. Bevor man die Lizenz zum Funken erhält, muss man sich bei der Bundesnetzagentur prüfen lassen. Das setzt voraus, dass man sich zuvor in einem Lehrgang das nötige Wissen aneignet und unter Aufsicht eines erfahrenen Funkamateurs in die Praxis eingeführt wird. „Erst danach bekommt man sein persönliches Rufzeichen zugeteilt.“

Doch der Kreis der Funker schrumpft. „In unserer Gruppe sind wir im Schnitt zwischen 40 und 60 Jahre alt,“ sagt Ortsverbandschef Stiller. Um die Gruppe zu erhalten, wollen die Mitglieder nun verstärkt Jugendliche für ihr Hobby begeistern. „Wir wollen den jungen Leuten zeigen, dass es mehr gibt als Internet und Computerspiele.“ Es gebe bereits Kontakte zur Wernigeroder Stadtjugendpflege und zum Landschulheim Grovesmühle.

„Viele Jugendliche wissen gar nicht, dass man auch mit Mobiltelefonen Amateurfunk empfangen kann, dass man mit dem Smartphone den Flug der Raumstation ISS verfolgen, mit einfachsten Mitteln Funkgeräte basteln kann“, so Seifert. Man könne sogar ohne Stromversorgung funken, sich beim Amateurfunkpeilen auf der Suche nach einem „Fuchs“ sportlich betätigen und mit einem Handsprechfunkgerät an der frischen Luft bewegen.

Bei der Nachwuchsgewinnung setzen Norbert Stiller, Stefan Seifert und ihre Harzer Mitstreiter im Deutschen Amateur und Radioclub nicht nur auf junges Blut. „Egal welches Alter - uns ist jeder Interessierte willkommen.“ Die Treffen der Funkamateure finden an jedem zweiten Donnerstag im Monat im Hotel „Mühlental“ in Wernigerode, jeweils um 19 Uhr statt - das nächste Mal am 10. November.

Weitere Informationen www.darc.de/der club/distrikte/w/ortsverbaende/w09