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Ende für Schule Schülerappell: Lasst Euch nicht erpressen

Die Grundschule Angern wird zum Ende des Schuljahres 2015/16 geschlossen. Das beschloss der Elbe-Heide-Verbandsgemeinderat.

Von Burkhard Steffen 08.04.2016, 01:01

Angern/Burgstall l Die Stimmung im Cröcherner Dorfgemeinschaftshaus war aufgeheizt. Vor allem Eltern aus Burgstall und Angern, aber auch zahlreiche andere Bürger waren zur Sondersitzung gekommen.

Eigentlich schien mit der Schulentwicklungs-planung in der Verbandsgemeinde Elbe-Heide alles geklärt. Der Verbandsgemeinderat hatte im Juli 2013 beschlossen, dass Burgstall der Schulstandort für die Gemeinden Burgstall und Angern sein soll. Für die zu schließende Grundschule Angern wurde eine auslaufende Beschulung festgelegt. So wird es bisher auch gehandhabt. Gegenwärtig lernen noch die Schüler der dritten und vierten Klasse in Angern. Übrigens in dem Gebäude, in dem auch die Freie Um-Welt-Schule unterrichtet, die nach der Schulschließung gebildet wurde.

Doch ein Brief des Landesschulamtes vom 14. März dieses Jahres sorgte für Unruhe. Verbandsgemeindebürgermeister Thomas Schmette (CDU) hatte für die Grundschule Burgstall einen Ausnahmeantrag für die Bildung einer Anfangsklasse gestellt, weil es für das kommende Schuljahr dort nur acht Kinder gibt. Das Land fordert allerdings mindestens 13 Schüler für die Bildung einer ersten Klasse. „Das Landesschulamt hat einen Ermessensspielraum“, begründete Schmette seinen Antrag.

In besagtem Brief wies das Landesschulamt aber darauf hin, dass auch die Gesamtschülerzahl in Burgstall mit 47 nicht den Landesvorgaben (52) entspricht. Deshalb forderte das Landesschulamt, die auslaufende Beschulung in Angern zu beenden sowie die 14 dort verbleibenden Mädchen und Jungen nach Burgstall zu schicken. „Eine positive Entscheidung zugunsten einer Bildung einer Anfangsklasse in Burgstall wäre unter den dann vorliegenden Voraussetzungen (...) zwingend“, heißt es in dem Brief, zu dem bis 6. April eine Stellungnahme erwartet wird.

Daraufhin tagte am Mittwoch der Verbandsgemeinderat in einer außerordentlichen Sitzung. Die verfolgten auch die betroffenen Drittklässler aus Angern. Sie hatten sich Schilder um den Hals gebunden, auf denen „Lasst Euch nicht erpressen“ oder „Haltet Euer Versprechen“ zu lesen war.

Versprochen hatte der Verbandsgemeinderat im Juli 2013, dass, „wenn nur noch eine Klasse in Angern verbleibt, in Abstimmung mit der Elternvertretung über eine Zuordnung zu einer anderen Schule entschieden wird“.

„Die Eltern haben sich einstimmig für einen Verbleib der künftigen vierten Klasse in Angern ausgesprochen“, teilte René Rode, Vorsitzender der Angeraner Elternvertretung mit. Doch nicht nur die Burgstaller fürchten, dass das Land die Grundschule Burgstall schließen wird, wenn die Angeraner Kinder nicht umgeschult werden.

Dabei steht das Problem lediglich für das kommenden Schuljahr. „In den darauf folgenden Jahren sind genug Kinder vorhanden“, wies Thomas Schmette auf die Zahlen hin. So werden 2017 bereits 17, 2018 schon 23 und 2019 noch 19 Kinder in Burgstall eingeschult.

„Wir müssen jetzt die verfehlte Schulpolitik der Landesregierung ausbügeln“, wies Ratsmitglied Hartmut Kositzki (CDU) aus Colbitz auf seinen Gewissenskonflikt hin. „Kinder sind keine Spielbälle“, erregte sich Hans-Peter Schröder (SPD) aus Rogätz, „sie sollen in Ruhe ihre Grundschulzeit beenden können. Wir entscheiden nach unserem Gewissen und lassen uns nicht erpressen.“

Zu Beginn der Sitzung hatte Dr. Christian Kroll (Bürgervertretung Cröchern/Blätz) den Antrag gestellt, den Punkt Schulentwicklungsplanung von der Tagesordnung zu nehmen. „Der 2013 gefasste Beschluss muss von der Verwaltung umgesetzt werden“, begründete er und verwies dabei darauf, dass mit der Umschulung der künftigen Viertklässler die Gesamtschülerzahl in Burgstall erreicht und damit der Schulstandort gesichert ist.

Dieser Antrag fand allerdings keine Mehrheit. Nach intensiver Diskussion beschloss der Rat schließlich mit neun zu sechs Stimmen, die Grundschule Angern zum Schuljahresende 2015/16 zu schließen. Mit hängenden Köpfen verließen die betroffenen Kinder den Sitzungssaal.