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Demonstrationen Bunte Meile gegen braunen Marsch

Bei Meile der Demokratie haben 10.000 Menschen gegen die seit mehr als 15 Jahren in Magdeburg organisierten Neonazi-Aufzüge demonstriert.

17.01.2016, 18:32

Magdeburg l Mit Konzerten, Kunstaktionen und Bastelstraßen haben sich am Sonnabend Akteure von 170 Schulen, Vereinen, Initiativen und Kirchengemeinden für ein weltoffenes und buntes Magdeburg ausgesprochen. Rund 10.000 Menschen kamen zur 8. Meile der Demokratie. Landtagspräsident Dieter Steinecke (CDU): „Die hier in Magdeburg etwas anderes wollen, bekommen keine Chance.“

Mit „die“ meint er die Rechten. Seit der Jahrtausendwende missbrauchen Neonazis den Tag der Bombardierung Magdeburgs am 16. Januar 1945 für ihre Zwecke.

Zeitweise kamen mehr als tausend Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet in die Landeshauptstadt. Doch in diesem Jahr blieb bis zum Schluss offen, ob es überhaupt einen Aufmarsch gibt. Die „Initiative gegen das Vergessen“ als bisheriger Organisator zog sich im vergangenen Jahr zurück. Dieses Vakuum haben nun ganz offensichtlich andere versucht auszufüllen, was aber nur sehr begrenzt gelang. Rechtsextremismus-Experte David Begrich: „Von dem alljährlichen Rechtenaufmarsch ist nur noch eine kleine Trümmertruppe übrig. Nach dem Ausstieg von Szenegrößen konnte der organisatorische Staffelstab nicht weiter gegeben werden.“

Den Aufmarsch am Sonnabend mit etwas mehr als 200 Teilnehmern rekrutrierte sich vor allem aus Mitgliedern der Partei "Die Rechte" und dem Umfeld des Pegida-Ablegers Magida.

Sachsen-Anhalts Verfassungsschutz-Chef Jochen Hollmann sieht mehrere Ursachen für den Rückgang der Teilnehmer zahlen. So betonte er, dass der in den zurückliegenden Jahren zugenommene Druck auf die Rechten jetzt Wirkung gezeigt habe. Er meinte aber auch: „Für die rechte Szene sind nun vorrangig Flüchtlinge das Thema und nicht der Zweite Weltkrieg.“

Sorge bereite ihm die Gewalt durch die linksextreme Szene, sagte Hollmann.

Es kam am Wochenende zu mehreren Angriffen durch Linksextreme, bei denen ein 34-Jähriger lebensgefährlich am Kopf verletzt wurde. Der Mann war mit neun weiteren Teilnehmern des Rechten-Aufmarsches durch zwei Dutzend Angreifer auf dem Weg nach Hause am Bahnhof in Oschersleben verprügelt worden. Die Täter, die nach Aussagen der Polizei vermutlich aus der linksautonomen Szene kommen, hatten der Gruppe aufgelauert. Sie gingen vermummt mit Eisenstangen und Holzlatten unvermittelt auf sie los. Auch drei weitere Opfer im Alter von 25 bis 33 Jahren wurden ins Krankenhaus gebracht.

Auch am Neustädter Bahnhof in Magdeburg drohten am Sonnabendabend Auseinandersetzungen zwischen rechten und linken Demonstranten, weshalb die Polizei nach eigenen Angaben Platzverweise an rund 80 Menschen aussprach, die einen Zug mit etwa 40 Anhängern der rechten Szene erwarteten. Ein Aufeinandertreffen beider Lager konnte verhindert werden. Die Beamten mussten die Platzverweise mit „körperlicher Gewalt“ durchsetzen. Einige Anhänger der linken Szene zogen den Angaben zufolge später weiter zu einer Spontandemo am Olvenstedter Platz.

Bereits am Vorabend war es zu einem Zwischenfall gekommen. Wie die Polizei mitteilte, wurden am Rande einer Demonstration vier Polizisten von Linksextremen verletzt. Zwei Polizisten erlitten leichte Verletzungen durch Steinwürfe, zwei Beamte wurden durch Pyrotechnik verletzt. „Zwei Polizisten sind dienstunfähig“, so Polizeisprecher Frank Küssner. Die Kripo ermittelt in 15 Fällen wegen gefährlicher Körperverletzung, Landfriedensbruch, Sachbeschädigung, Verstoß Sprengstoffgesetz und Beleidigung. Oberbürgermeister Lutz Trümper (parteilos) sagte: „Die Gewalt gegen die Polizisten ist völlig inakzeptabel.“