1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. "Q.Cells ist ein Leuchtturm in Sachsen-Anhalt"

Volksstimme-Interview mit Kim Jae-shin, Botschafter der Republik Korea "Q.Cells ist ein Leuchtturm in Sachsen-Anhalt"

12.02.2013, 01:17

Zum Antrittsbesuch bei der Landesregierung weilte der südkoreanische Botschafter Kim Jae-shin in der vergangenen Woche in Magdeburg. Steffen Honig sprach mit dem Diplomaten (55) über den Ausbau der Beziehungen zwischen Korea und Sachsen-Anhalt und über die angespannte Lage auf der koreanischen Halbinsel.

Volksstimme: Herr Botschafter, was zeichnet die Beziehungen der Republik Korea zu Deutschland aus?

Kim Jae-shin: Korea und Deutschland haben eine lange gemeinsame Geschichte, seit 130 Jahren unterhalten beide Länder diplomatische Beziehungen zueinander. Die Zusammenarbeit mit Deutschland ist für uns sehr wichtig, es gibt viele Gemeinsamkeiten. Beide Länder sind nach dem Krieg aus den Ruinen wiederauferstanden. Korea hat sich am deutschen Wirtschaftswunder ein Beispiel genommen, es wird bei uns nach dem bekannten Fluss das "Rhein-Wunder" genannt. Bei uns sprechen wir vom "Han-Wunder", wie ein großer Fluss in Korea heißt. Wie Deutschland ist auch Korea arm an Rohstoffen. Deshalb legen beide Staaten großen Wert auf die Entwicklung von neuen Technologien wie erneuerbare Energien.

Volksstimme: Wo gibt es Verbindungen speziell zu Sachsen-Anhalt?

Kim: Das Handelsvolumen zwischen Südkorea und Sachsen-Anhalt hat sich seit 2005 verdoppelt. Sachsen-Anhalt hat große Bedeutung für uns gewonnen, weil hier das Unternehmen Hanwha Q.Cells entstanden ist, das seit einiger Zeit unter koreanischer Führung steht. Dies hat einen hohen symbolischen Wert für die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Korea überhaupt und strahlt auch auf andere koreanische Firmen aus. Es ist wichtig, dass weitere solcher Unternehmen in dieser Region entstehen. Die neuen Bundesländer sind den Koreanern 20 Jahre nach der Wiedervereinigung immer noch fremd. Q.Cells ist ein Leuchtturm für die Zusammenarbeit. Wir haben mit Ministerpräsident Reiner Haseloff auch besprochen, dass eine Wirtschaftsdelegation aus Sachsen-Anhalt nach Korea reisen wird, um das Bundesland dort als Investitionsstandort bekannter zu machen.

Volksstimme: Q.Cells ist auch ein Beispiel für den scharfen Konkurrenzkampf in der Solarbranche. Wie wird sich das Unternehmen behaupten können?

Kim: China ist beispielsweise ein großer Konkurrent auf dem internationalen Markt. Die erneuerbaren Energien sind jedoch eine unverzichtbare Zukunftsbranche. Nachhaltigkeit ist für Deutschland genauso wichtig wie für Korea. Wir werden prüfen, was die südkoreanische Regierung und Sachsen-Anhalt für den Erfolg des Unternehmens tun können. Viele südkoreanische Firmen sehen genau auf Hanwha Q.Cells. Wenn das Unternehmen Erfolg hat, werden andere südkoreanische Unternehmen nach Sachsen-Anhalt kommen wollen.

Volksstimme: Wenden wir uns Korea selbst zu: Vor einem Jahr hat es im Norden der Halbinsel einen Machtwechsel gegeben. Wie schätzen Sie die Lage momentan dort ein?

Kim: Das ist eine schwierige Frage. Wir hatten mit der Machtübernahme von Kim Jong Un, der Erfahrungen in Europa sammeln konnte, eine positive Entwicklung erwartet. Doch die Hoffnung auf eine gewisse Öffnung Nordkoreas hat sich bis jetzt nicht erfüllt. Es geht eher in die umgekehrte Richtung. Nach einem Raketenabschuss im Dezember 2012 droht Nordkorea mit einem dritten Atomtest. Weltweit wird vehement von Nordkorea gefordert, die Atomtests aufzugeben. Wenn die Nordkoreaner das ignorieren, kann die internationale Gemeinschaft einschließlich der UNO nicht umhin, die Sanktionen weiter zu verschärfen. Dabei ist das Land eines der ärmsten überhaupt, es herrschen Lebensmittelknappheit und Energiemangel. Unter neuen Sanktionen würden nur die Menschen in Nordkorea leiden. Was bringen da Atomtests?

Volksstimme: Was kann Südkorea tun, um die Situation zu entschärfen?

Kim: Zunächst hoffe ich sehr, dass Nordkorea endlich auf die Stimme der internationalen Gemeinschaft hört. In wenigen Tagen, am 25. Februar wird von der ersten Frau im Präsidentenamt, Park Geun-hye, die neue südkoreanische Regierung gebildet. Diese wird versuchen, gute Beziehungen zum Norden aufzubauen. Unser Ziel bleibt auf lange Sicht die friedliche Wiedervereinigung in Korea.