Phosphorbombe Unvernünftige "Bergungsaktion" in Dannigkow
Die unsachgemäße Bergung einer Weltkriegsbombe hat in Dannigkow einen Großeinsatz ausgelöst. Die Aktion hätte schlimmer enden können.
Dannigkow l 15.04 Uhr am Sonntagnachmittag - bei der Polizei klingelt das Telefon. Am Apparat eine Frau. Sie erklärt den Beamten, dass in Dannigkow (Jerichower Land) eine Weltkriegsbombe auf einem Pickup brennt.
Was war passiert? Ein 50-jähriger Mann hat die 15-Kilogramm-Bombe, einst mit Phosphor gefüllt, bei Arbeiten auf dem eigenen Acker gefunden, sie auf ein Auto geladen und zu seinem Grundstück gefahren. Doch er hatte nicht mit der Gefahr der Phosphor-Reste in dem Kriegserbe gerechnet, die sich in der Hitze des Sommertages schließlich entzünden.
Für Polizei, Feuerwehr und medizinische Rettungskräfte beginnt ein Großeinsatz. Als die Feuerwehr in Dannigkow eintrifft, befindet sich die Brandbombe aus dem Zweiten Weltkrieg längst nicht mehr auf dem Pickup. Sie war in eine Metallwanne befördert worden, in der es noch qualmte. Die Flüssigkeit hatte sich auf der Ladefläche des Autos, auf dem die Bombe transportiert wurde, eingebrannt.
Um das Risiko einzudämmen, räumt die Feuerwehr die Gefahrenzone. Mit Lautsprecherdurchsagen wird die Evakuierung bekannt gemacht. Im Umkreis von 500 Metern um das Grundstücks in der Friedrichstraße 9 dürfen sich Rettungskräfte und Einwohner nicht länger aufhalten. Die Menschen, die ihre Häuser nicht mehr betreten dürfen, werden im Bürgerhaus von Mitarbeitern des Katastrophenschutzes betreut. Die Bundesstraße 184 wird zwischen Gommern und Dannigkow gesperrt, der Verkehr umgeleitet. Bis der Kampfmittelbeseitigungsdienst seine Arbeit getan hat.
Der Finder der Bombe und drei seiner Familienangehörigen - die 49-jährige Partnerin und die Kinder im Alter von 23 und 15 Jahren - werden derweil medizinisch betreut. Beim Versuch, den Brand auf dem Auto zu löschen, hatten sie die Gase der chemischen Reaktion eingeatmet. Nachdem der Notarzt seine Arbeit getan hat, werden die vier Menschen mit dem Rettungswagen schließlich in Krankenhäuser nach Magdeburg und Schönebeck gebracht.
Gegen 17.15 Uhr ist es dann endlich soweit - Entwarnung. Der Kampfmittelbeseitigungsdienst hat die Reste der Bombe abtransportiert - um sie fachgerecht zu entsorgen.
Die Transportaktion in Dannigkow war hochgefährlich. Denn Phosphorbomben aus dem Zweiten Weltkrieg bestehen in der Regel aus einer Mischung aus weißem Phosphor und Kautschuk. Der Kontakt mit Sauerstoff genügt bereits, damit sich der Phosphor, der mit einer Temperatur von 1300 Grad Celsius verbrennt, entzünden kann. Wird ein Phosphor-Brand mit Wasser gelöscht, heißt das nicht, dass die Gefahr beseitigt ist. Denn sobald die Phosphor-Reste trocken sind, können sie erneut in Brand geraten. Experten raten deshalb, Sand zum Löschen von Phosphor-Bränden zu nutzen.
Gerät Phosphor mit menschlicher Haut in Kontakt, kann es zu Verbrennungen dritten Grades kommen. Diese heilen nur schwer und hinterlassen häufig Narben, die ein Leben lang schmerzen. Ebenso gefährlich ist es, die bei einem Brand entstehenden Dämpfe einzuatmen. Sie sind hochgiftig und verursachen Verbrennungen der Atemwege.
Insofern hatten die vier Verletzten in Dannigkow echtes Glück. Sie wurden bereits am Sonntag wieder aus dem Krankenhaus entlassen.
Weil der Bomben-Finder mit seiner Transportaktion gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen hat, wird nun gegen den Mann ermittelt. Was den Dannigkower dazu veranlasst hat, die Bombe mit nach Hause zu nehmen, ist unklar. Die Polizei hatte die Aktion als "gegen alle Vernunft" bezeichnet.
Phosphorbomben wurden im Zweiten Weltkrieg sowohl von deutschen wie von britischen Militärkräften eingesetzt. Auch über Dannigkow und Nedlitz soll es im Luftkrieg Kampfhandlungen gegeben haben.
Thomas Kriebitzsch, Pressesprecher des Polizeireviers Jerichower Land, warnt ausdrücklich vor solchen "Aneignungen": "Es ist nicht nur verboten, sondern auch gefährlich, Sprenggranaten, Bomben und Munition mitzunehmen - selbst wenn diese jahrzehntelang herumgelegen haben." Funde sollten vor Ort belassen, gesichert und der Polizei gemeldet werden. "Das gilt selbst dann, wenn man unsicher ist, ob es sich um Kriegsgerät handelt."