Sachsen-Anhalts Regierung will die Maßstäbe für Zensuren herabsenken Schüler sollen leichter gute Noten erhalten
Für eine Vier müssen derzeit 51 Prozent der Aufgaben richtig gelöst werden, im kommenden Schuljahr sollen es nur noch 40 Prozent sein. Soweit der Plan des Kultusministeriums, den Bewertungsschlüssel für Schulnoten zu senken.
Burg l Elf Prozent weniger Leistung für die Note Vier. Auch alle anderen Schulnoten sollen für die Schüler der Klassen fünf bis zehn in Sachsen-Anhalt künftig leichter zu erlangen sein. "Damit senken wir das Niveau der Schulabschlüsse", sagt Jürgen Scholz. Der Schulleiter der Clausewitz-Sekundarschule in Burg ist erschrocken über den angedachten Bewertungsschlüssel: "Wir können nicht soviel weniger Leistung einfordern." Für eine Zwei und eine Drei müssten dann sechs Prozent weniger Leistung erbracht werden.
Das empfindet auch der Vorsitzende vom Kreisschülerrat als zuviel. Steve Gebranzig: "Das wäre unfair den Schülern gegenüber, die sich richtig reinhängen." Er ist der Überzeugung, dass "die Egal-Einstellung der faulen Schüler sogar noch zunimmt". Weil eine Vier bekämen sie dann allemal, und damit auch einfacher die Chance auf ein Abschlusszeugnis. "Doch das bringt dem deutschen Arbeitsmarkt gar nichts", sagt der 17-jährige Gymnasiast. Was nütze ein Abschluss, wenn die Schulabgänger nicht kompetent genug sind.
Mangelnde Ausbildungsreife
Genau dieser Fakt liegt auch Diane Sommer am Herzen. Die Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Jerichower Land ist schon jetzt oft genug mit dem Problem offener Ausbildungsplätze konfrontiert, "auch aufgrund mangelnder Qualifikation". Sollte mehr Schülern mit den neuen Maßstäben ein Abschluss gelingen, wäre das positiv für sie als Bewerber. "Doch für die Arbeitgeber bedeutet der neue Bewerbungsschlüssel noch genauer hinzusehen." Diane Sommer hat die Hoffnung, dass die jungen Menschen ferner durch Erfolge in der Praxis, Spaß an ihrem Handwerk, motiviert werden, sich im theoretischen Bereich mehr zu bemühen. "Das schaffen auch bessere Noten für weniger Leistung nicht."
Dass die besseren Abschlüsse in keinem Verhältnis zur erbrachten Leistung stehen, findet unter anderem die stellvertretende Schulleiterin der Burger Sekundarschule A. Diesterweg. Gudrun Wiesener: "Das Bildungsniveau in Sachsen-Anhalt sollte gesteigert und nicht in Anpassung an andere Länder gesenkt werden."
Fehlende Motivation
Helmut Krüger, Schulleiter der Sekundarschule in Möser, kann sich vorstellen, dass die geringeren Anforderungen "ein Aufruf zum Nichtstun und weniger Mühe wird". Dagegen sieht Bärbel Kaiser mit den angekündigten Prozentzahlen noch nicht das Bildungsniveau sinken. "Man muss die Notenvergabe ins Verhältnis zum Grundniveau der Klassenarbeit setzen", so die Schulleiterin der Sekundarschule in Gommern.
Für Ingo Koch, stellvertretender Schulleiter der Sekundarschule in Parey, gibt es einen positiven Aspekt: "Mich wundert schon immer, dass man für eine Vier mehr als die Hälfte richtig haben muss." Ein Schulabschluss, wenn auch nur knapp, könne den Schulabgängern den Berufseinstieg erleichtern. Auch Egbert Siegert, Schulleiter der Sekundarschule Brettin, sieht erstmal den Vorteil für die Schüler. Ohne Abschluss ist vieles verbaut. Aber er gibt auch zu bedenken, "dass die Zahlen der Abgänger mit Schulabschluss steigen könnten, sagt mit bei einem gesenkten Maßstab nichts über ein höheres Bildungsniveau aus."