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Kabelarbeiten sind abgeschlossen, jetzt folgt der Wegebau Trotz Klage: Enercon baut Windräder zwischen Reesen und Grabow

Von Falk Heidel 26.05.2012, 05:18

Sie sind 180 Meter hoch, haben einen Rotordurchmesser von 82 Metern: Enercon baut auf Ackerland zwischen Grabow und Reesen neun Windkraftanlagen - mit Genehmigung des Landesverwaltungsamtes in Halle. Auch eine Klage gegen die Verwaltung scheint den Bau nicht aufhalten zu können.

Grabow/Reesen l Jörg Geißler will kämpfen: "Die Errichtung dieser Windmonster vor unserer Haustür muss verhindert werden." Er wohnt an der Straße zwischen Reesen und Grabow auf einem Flurstück, dass ganz offiziell Grille heißt. Als Jäger hat er ein 250 Hektar großes Areal für die Jagd gepachtet. Mit dem Gedanken will er sich nicht anfreunden, dass ein Windpark Teil seines Jagdreviers sein soll. Die altehrwürdige Heerstraße (klingt gut für einen Waldweg) macht aus diesem Gebiet verwaltungstechnisch zwei Windparks. Einer gehört zu Grabow, der andere zu Reesen: "Ganz egal", sagt Geißler, "wir wollen den Bau aller Windräder verhindern." Er klagt gegen die Genehmigung des Landesverwaltungsamtes in Halle.

Unterdessen schafft Enercon Tatsachen. Riesige Gruben sind auf dem Acker ausgehoben, faustdicke Kabel liegen bereits in der Erde. Und: Dutzende Robinien am Wegesrand sind gefällt worden. Geißler: "Der Sinn dieser Baumfällung erschließt sich nicht."

"Die Bauarbeiten verlaufen nach Plan, eine Unterbrechung gibt es nicht", sagte Enercon-Sprecher Felix Rehwald gestern auf Volksstimme-Nachfrage: "Die Kabelarbeiten sind abgeschlossen, in Kürze startet der Wegebau, ehe die Fundamentarbeiten folgen werden." Wann die Einweihung des Windparks stattfinden wird, konnte Rehwald nicht beantworten: "Dazu gibt es bei den Bauarbeiten zu viele wettertechnische Unwägbarkeiten."

Zu den Klägern gegen das Landesverwaltungsamt gehört Josef Freiherr von Beverfoerde, der Ortsbürgermeister von Grabow. Geißler und von Beverfoerde sehen ihre Chance im Naturschutz. "Ich glaube nicht, dass hier laut einer seriösen Umweltverträglichkeits-Studie gehandelt wird. Schützenswert sind aus seiner Sicht unter anderem die Areale von Rot- und Schwarzmilan, Kornweihe, Kranich, Storch und diversen Fledermausarten. Grabows Bürgermeister fragt: "Wie positioniert sich die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises zu diesem Thema?"

Genehmigung seit Februar

Auf Volksstimme-Anfrage reagiert der Landkreis ausweichend: "Das Landesverwaltungsamt hat als zuständige Behörde den Genehmigungsbescheid erlassen." Verwaltungssprecher Henry Liebe erklärt zudem: "Als Träger öffentlicher Belange hat auch der Landkreis Jerichower Land eine gebündelte Stellungnahme abgegeben." Was diese Stellungnahme aussagt, will der Landkreis nicht beantworten. Stattdessen heißt es in Allerweltsformulierungen: "Hinsichtlich der Unteren Naturschutzbehörde wurde dabei vor allem auf die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sowie die Berücksichtigung der Greifvögel, der Fledermäuse und des Schwarzstorchs Bezug genommen."

Bereits im Februar hat das Landesverwaltungsamt die Windkraftanlagen genehmigt. Grundlage ist das sogenannte Bundes-Immissionsschutzgesetz. Der Genehmigungsbescheid ist stolze 64 Seiten dick (liegt der Redaktion vor).

Darin heißt es unter anderem, dass der Betreiber dem Landkreis pro Anlage eine Bankbürgschaft über 75 000 Euro vorlegen muss, die später die Kosten des Rückbaus absichern soll. Eine weitere Bürgschaft über gut 570 000 Euro soll die Naturschutz-Ausgleichsmaßnahmen garantieren. Zum Beispiel die Pflanzungen und Pflege von Bäumen an anderer Stelle.

Berücksichtigt in der Genehmigung ist auch der Schwarzstorch. Gefordert wird unter anderem ein zehn Jahre andauerndes Monitoring (also beobachten und protokollieren) der Population in Zusammenarbeit mit der Vogelschutzwarte Steckby. Tatsächlich kann das Landesverwaltungsamt nachträglich Abschaltzeiten während der Ausflugzeiten von Jungstörchen festlegen.

Anders bei Fledermäusen: Hier sind lediglich zwei Jahre lang akustische Erfassungen der Aktivitäten der Fledermäuse im Bereich der Gondeln gefordert.

Zum Schutz des Rotmilans darf im Umfeld der Masten vor August nicht gemäht werden. Und: Innerhalb eines Drei-Kilometer-Radius muss eine mindestens zehn Hektar große Fläche mit Luzerne bestellt sein.

Geißler meint: "Es ist schon interessant, wie intensiv über den Schutz von Vögeln, Insekten, Pflanzen oder Nagetieren philosophiert wird. Aber niemand redet in diesem Zusammenhang über den Schutz der Spezies Mensch."