700 Jahre Gardeleger Bier Boxpromoter kauft Garley-Brauerei
Ulf Steinforth, Chef des erfolgreichen Box-Stalles SES Magdeburg hat die
Gardeleger Brauerei gekauft. Er ist kein Mann großer Worte, dennoch
will sich der Promoter von derzeit vier amtierenden Box-Weltmeistern
heute persönlich in Gardelegen vorstellen. Denn sein neues "Baby" wird
heute 700 Jahre alt.
Gardelegen l Seit sieben Jahrhunderten wird in Gardelegen Bier gebraut: Heute auf den Tag genau. Am 16. Juli 1314 wurde der Stadt durch Markgraf Waldemar von Brandenburg das Malzrecht verliehen. Und das soll gefeiert werden. Die Stadtverwaltung lädt dazu heute alle Bürger ab 16.30 Uhr ein, auf dem Rathausplatz dabei zu sein. Es soll ein "kleines, aber feines Spektakel werden", verspricht Stadtmitarbeiter Rupert Kaiser. So soll die historische Szene, nämlich die Übergabe der Braurechtsurkunde, in historischen Kostümen nachgespielt werden. Es wird Bier geben, logisch, und wohl auch die eine oder andere Geburtstagsüberraschung.
Die größte davon wird allerdings ein Gast selbst sein, und zwar der neue Eigentümer der Gardeleger Brauerei. Er kommt aus der Landeshauptstadt Magdeburg und hatte beruflich bisher noch nicht allzuviel mit Bier zu tun, eher mit den richtig starken Männern. Im berühmten und international anerkannten Boxstall des Ex-Ringers Ulf Steinforth wird derzeit neben drei amtierenden Box-Weltmeistern unter anderem Robert Stieglitz, ehemaliger WBO-Weltmeister im Mittelschwergewicht, trainiert.
Aber offenbar ist der Boxstallchef auch noch etwas anderes, nämlich zum einen ein Bierfan und zum anderen ein Mann mit Heimatverbundenheit. Aktuell will er zum Beispiel der Sudenburger Brauerei wieder einen neuen Firmensitz geben - das Bier selbst gibt es schon wieder, es wird aber noch in Bayern gebraut.
"Ulf Steinforth wird nicht nur da sein, es gibt auch einen Plan." - Christof Hawerkamp, PR-Manager SES
Gekauft hat der Magdeburger indes nicht nur die Sudenburger Brauerei in seiner Heimatstadt Magdeburg, sondern auch eine im thüringischen Greiz und eben die in Gardelegen. Was er mit ihr vorhat, will Steinforth den Bürgern der Stadt heute persönlich erzählen, wenn er zum Geburtstagsfest des Garley-Bieres kommt.
Angst haben um ihren Markennamen oder um das traditionsreiche Brauhaus müssen die Gardeleger aber wohl nicht, so viel scheint wohl schon mal sicher. Zum einen würde Steinforth sonst wohl kaum selbst in die Hansestadt kommen, zum anderen war in den vergangenen Wochen schon ein geschäftiges Treiben auf dem Areal des Brauhauses zu beobachten, das nicht nach Ab-, sondern nach Aufbau aussah.
Und auch was Christof Hawerkamp, Steinforths Geschäftspartner und offenbar sehr erfolgreicher Berater in Marketingfragen am Volksstimme-Telefon vorsichtig bestätigt, lässt hoffen: "Er", also Steinforth, so versichert Hawerkamp schmunzelnd, "wird nicht nur da sein, es gibt auch einen klaren Plan, was passieren wird."
Nein, niemand wolle sich verstecken, versichert Hawerkamp, nach dem Grund für die bisher eher zögerliche Öffentlichkeitsarbeit gefragt, "aber wir haben uns bisher bewusst zurückgehalten, weil wir unseren Taten erst später Worte folgen lassen wollten". Schließlich habe es schon zu viel Hin und Her gegeben, um die Brauerei mit dem ältesten Markennamen Deutschlands.
Und damit liegt der ehemalige Manager des FC St. Pauli in Hamburg schließlich auch nicht ganz falsch. In den vergangenen Jahren erlebte Garley tatsächlich viele Hochs und Tiefs. Allein zwei Firmeninsolvenzen und drei Neustarts wurden dem Traditionshaus seit 1995 in seine Geschichtsbücher geschrieben.
"So wie ihr zu eurem Bier steht, das ist schon mustergültig." - Ludwig Hörnlein, Geschäftsführer der Brauerei Hartmannsdorf
Zuletzt war das Haus im Besitz von Ludwig Hörnlein, Brauereibesitzer im sächsischen Hartmannsdorf, der Objekt und Markenrechte aus der Insolvenzmasse seines Vorgängers Maximilian Hösl kaufte.
Aber auch er konnte nicht so recht etwas mit der kleinen Brauerei anfangen: Gardelegen sei einfach zu weit entfernt von Hartmannsdorf, erklärt Hörnlein auf Nachfrage. "Magdeburg ist eben näher dran." Und er freue sich sehr, dass sich mit Ulf Steinforth jemand gefunden habe, "der mit Herzblut an die Sache herangeht". Er habe ja von Anfang an gesagt, dass er so jemanden für Gardelegen suche, so Hörnlein weiter. Deshalb werde er Steinforth unterstützen, wann immer er könne, verspricht der gebürtige Bayer und Braumeister in dritter Generation. "Ich habe ja vor Ort auch bewusst nichts geplündert", sagt Hörnlein weiter. Sprich, was an Technik vorhanden gewesen sei, habe er nicht ausgebaut.
Und ein bisschen, so gibt er zu, tue ihm schließlich auch leid, dass er sich nicht selbst um die Garley-Brauerei habe kümmern können. Denn soviel Liebe zu ihrer Traditionsmarke, wie in Gardelegen, habe er selten erlebt: "So wie ihr zu eurem Bier steht, das ist schon mustergültig", lobt Hörnlein.
Und das können die Gardeleger dem neuen Besitzer heute ja dann auch schon mal zeigen, wenn ab 16.30 Uhr die große Geburtstagsparty auf dem Rathausplatz steigt.