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Mehrkosten Kasa Mieste: Diskussion im Stadtrat / Verwaltung zieht Beschlussvorlage zurück "Planungsbüro in Regress nehmen"

Von Cornelia Ahlfeld 03.06.2015, 03:32

Überraschend hat die Verwaltung in der Ratssitzung am Montagabend die Beschlussvorlage zu den Mehrkosten für die Miester Kasa zurückgezogen. Innerhalb der nächsten drei Wochen sollen Verantwortlichkeiten geprüft werden für die Kostensteigerung von 706000 auf jetzt 1,4 Millionen Euro.

Gardelegen l Frust, Verärgerung und Unverständnis - auf diesen Nenner lässt sich die Stimmung am Montagabend im Stadtrat zum Thema Mehrkosten für den Abriss der Miester Kartoffelschäl- und Abpackfabrik (Kasa) bringen.

Das wurde in der Diskussion deutlich, nachdem Stadtratsvorsitzender Kai-Michael Neubüser diesen Tagesordnungspunkt aufgerufen hatte. "Wer ist verantwortlich dafür?", wollte etwa SPD-Stadtrat Ulrich Scheffler wissen. Der Bauausschuss habe sich damit beschäftigt, habe sich Anfang April die Baustelle, die zu dieser Zeit kurz vor dem Abschluss gestanden habe, angesehen. Da sei die Rede von 40000 Euro Mehrkosten gewesen. Bei einer Bausumme von 706000 Euro habe es dafür Zustimmung gegeben. Eine Verdoppelung der Baukosten innerhalb von wenigen Wochen sei nun allerdings nicht mehr nachvollziehbar. "Da war ein Asbestwerk in der Nähe. Da muss man doch davon ausgehen, dass dort auch Asbest für die Verschalung genutzt wurde", so Scheffler.

"Das Schlimmste war der Asbest zwischen den Betonwänden."

Petra Külper vom Bauamt

Petra Külper vom Stadt-Bauamt erläuterte dann noch einmal die Ursachen. Eine Asbestbelastung in Größenordnungen, Chemikalien, unvorhergesehene Handarbeit beim Sortieren der Gefahrstoffe und beim Abriss. Denn kurz vor Baubeginn habe es zahlreiche Diebstähle gegeben. Vor allem Holz, tragende Balken seien herausgesägt worden. Der Abriss einiger Hallen, vom Dach beginnend, sei nicht mehr möglich gewesen. "Das Schlimmste war jedoch der Asbest zwischen den Betonwänden", so Külper. Das sei beim Rundgang nicht zu sehen gewesen. Diese Betonplatten mit Asbest hätten als Asbestmüll entsorgt werden müssen. Und das habe die Kosten hochgetrieben.

"Ich kann mich damit nicht zufrieden geben. Das was jetzt passiert, ist nicht das erste Mal. Immer wieder müssen wir über Mehrkosten reden", zeigte sich Stadtrat Thorsten Bombach (fraktionslos) verärgert. Es gebe sicherlich "Leute, die dafür einstehen müssen".

Er sei in der vorigen Woche von einigen Miestern angesprochen worden, beteiligte sich dann Gustav Wienecke (Gemischte Fraktion) an der Diskussion. Man hätte das wissen müssen mit der Asbestbelastung, denn in Mieste sei das bekannt gewesen. "Wir haben uns die Baustelle angesehen, die war fast fertig, und jetzt kommt dieser Schlag. Das Planungsbüro muss man in Regress nehmen", forderte Wienecke. Es gehe hier schließlich um mehr als eine halbe Million Euro. "Bloß weil hoch bezahlte Ingenieurleistungen nicht ordentlich ausgeführt worden sind", zeigte sich Wienecke verärgert.

Ein Planungsbüro für die Renaturierung von Industriebrachen müsse doch in der Lage sein, im Vorfeld alles zu kontrollieren und zu prüfen, Kernbohrungen zu machen und Kontaminierungen festzustellen, zeigte auch CDU-Stadtrat Klaus Fehse Unverständnis. Außerdem müsse bei 100 Prozent Mehrkosten eine neue Ausschreibung erfolgen, so Fehse weiter.

SPD-Stadtrat Jörg Marten wies daraufhin, dass für das Thema Haftung ein Antrag auf juristische Prüfung gestellt werden müsse.

"Dann stelle ich jetzt den Antrag auf juristische Prüfung."

SPD-Stadtrat Peter Wiechmann

Es folgte die Überraschung. "Ich habe mich mit dem Kämmerer verständigt. Wir ziehen die Vorlage zurück, nicht dass wir was beschließen, was Schaden bringen kann", sagte Bürgermeister Konrad Fuchs.

SPD-Stadtrat Peter Wiechmann hakte nach: "Findet damit eine juristische Prüfung statt oder muss ein Antrag gestellt werden. Dann stelle ich jetzt den Antrag auf juristische Prüfung."

"Wir haben die Vorlage zurückgezogen", sagte Fuchs. Und das heiße auch eine Klärung der Haftungsfrage. Und zwar innerhalb der nächsten drei Wochen bis zur nächsten Sitzungsschiene der Fachausschüsse mit abschließender Beratung des Stadtrates am 6. Juli. Die ersten Gespräche finden bereits heute statt, informierte Fuchs gestern auf Anfrage. Die Entscheidung, die Vorlage zurückzunehmen, sei während der Diskussion am Montag im Stadtrat gefallen.

Der Abriss der Miester Kasa und die anschließende Renaturierung des Geländes war mit 706000 Euro veranschlagt worden. Die Kosten werden sich nunmehr um 740000 Euro auf 1,44 Millionen Euro erhöhen. 80 Prozent der Kosten im ersten Abschnitt (536000 Euro) wurden aus dem Programm für Altlastensanierung und Bodenschutz gefördert. Der Stadtanteil betrug 170000 Euro. Die Verwaltung hofft auch für Teil zwei der Maßnahme auf einen Zuschuss von 576000 Euro. Die Stadt müsste noch einmal 164000 Euro dazu zahlen. Um das Fördergeld beantragen zu können, ist allerdings ein Ratsbeschluss notwendig. Kommt der Beschluss nicht zustande, muss die Stadt mit hoher Wahrscheinlichkeit Fördergeld zurückzahlen. "Wir befinden uns hier in einer Zwickmühle", kommentierte SPD-Stadtrat Jörg Marten die Situation.