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Polizeifährtenhund findet Lügner: Gardeleger muss Sozialarbeitsstunden für das Vortäuschen einer Straftat ableisten "Wenn du Mist gebaut hast, steh dazu!"

Von Gesine Biermann 17.06.2015, 03:14

Er fuhr der Polizei davon, versteckte kurzerhand sein Auto und meldete es schließlich als gestohlen - erwischt wurde der junge Gardeleger am Ende doch. Wegen des Vortäuschens einer Straftat musste er sich nun vor Gericht verantworten.

Gardelegen l Lehrer will er mal werden - von den Zensuren her offenbar kein Problem für den 19-jährigen Fachabiturienten. Schulisch sehr gute Leistungen würden ihm sicher den Weg für diesen Beruf ebnen. Ob der junge Gardeleger auch moralisch dafür geeignet ist, stellt Richter Axel Bormann vor dem Gardeleger Amtsgericht jüngst allerdings ernsthaft infrage. Dort muss sich Max T.* wegen der Vortäuschung einer Straftat verantworten.

Im vergangenen Dezember hatte sich der damals 18-Jährige einer nächtlichen Polizeikontrolle entziehen wollen, war den Beamten, die ihn im Gardeleger Stadtgebiet stoppen wollten, einfach davon gefahren und hatte sein Auto im Schlüsselkorb abgestellt. Damit ließ er es aber nicht bewenden. Um von sich abzulenken, rief er auch noch selbst bei der Notrufnummer der Polizei an und meldete sein Auto als in Magdeburg gestohlen. Die Beamten ließen sich indes nicht ins Boxhorn jagen. Sie suchten nach dem flüchtigen Pkw, fanden ihn an der Gardeleger Otto-Nuschke-Straße und holten sich einen Hundeführer zu Hilfe. Der trainierte Fährtenhund führte die Polizisten dann schließlich auf direktem Weg zu Max T.

Und der räumt sein Fehlverhalten vor Gericht auch ohne wenn und aber ein.

Zudem erzählt er bereitwillig den Ablauf des Abends. An dem hatte Max T. nach einer Familienfeier noch einen Abstecher in eine Gardeleger Diskothek geplant. Bei einem Freund, der in Diskonähe wohnt, hatte er dann schon mal ein bisschen vorgeglüht, wie es in Jugendkreisen heißt. Eine große und eine kleine Flasche Bier wurden geleert. Schließlich habe er auch nicht mehr fahren wollen, begründet der Angeklagte.

Dann habe allerdings überraschend seine Freundin angerufen und entgegen ihrer ursprünglichen Planung doch mit zur Disko kommen wollen. Und so setzt sich Max T. ungeachtet der zwei Bier ins Auto, um sie abzuholen. "In der Bahnhofstraße kam mir dann von vorn die Polizei entgegen und wollte mich anhalten", schildert er dem Gericht. Eingedenk seiner Alkoholfahne habe er das aber nicht gewollt. "Ich weiß, dass das nicht rechtens ist." Dass er weitergefahren sei, "war ganz schön doof." Mit seiner Flucht habe er aber einfach verhindern wollen, "dass meine Familie da reingezogen wird", begründet der junge Mann zerknirscht. Er habe sich nämlich vorgestellt, dass, wenn er erwischt würde, die Polizei noch am selben Abend in seinem Elternhaus auftauchen würde.

Vor seinen Eltern hat der junge Mann offenbar ordentlich Respekt. So viel, dass er vor lauter Angst, mit Alkohol im Blut am Steuer ertappt zu werden, in der Folge sogar den Spiegel eines an der Hahnhofstraße geparkten Autos abfährt. "Den Schaden habe ich dann aber gleich am nächsten Tag bezahlt", versichert Max T. dem Richter. Leider kam da die Einsicht schon zu spät.

"Wissen Sie, was meine Mutti mir beigebracht hat?", will Bormann nach der Tatbeschreibung wissen: "Sie hat gesagt: Junge, wenn du Mist gebaut hast, dann steh auch dazu."

"Wenn ich Sie hier wiedersehe, brauchen Sie nicht mehr zu studieren."

Richter Axel Bormann

Er verstehe einfach nicht, warum er nicht mit dem relativ geringen Alkoholgehalt im Blut einfach angehalten habe, so Bormann - bei einer späteren Alkoholkontrolle waren 0,5 Promille gemessen worden. "Sie hatten auch keine BTM (Betäubungsmittel) dabei. Da wäre eine Fahrernachschulung rausgekommen, das wäre es gewesen." Stattdessen habe er mit seiner Flucht und der Kollision eine Verkehrsgefährung begangen und dann auch noch den Notruf missbraucht. "Da gehört schon eine Menge krimineller Energie dazu." Zudem sei er auch strafrechtlich kein unbeschriebenes Blatt mehr, erinnert Bormann. Bereits drei Mal stand Max T. nämlich schon wegen Missbrauchs von Betäubungsmitteln, Verstoß gegen das Waffengesetz und Bedrohung vor Gericht. Und genau diese Tatsache veranlasst schließlich die Staatsanwältin, neben der Auflage von 100 Sozialstunden eine Woche Dauerarrest zu beantragen.

Letzterem schließt sich Bormann indes nicht an. Er belässt es bei der Arbeitsauflage. "Wenn ich Sie hier allerdings wiedersehe", mahnt er, "geht`s nicht mehr um Arrest, sondern um eine Jugendstrafe. Und dann brauchen Sie nicht mehr zu studieren. Das Land Sachsen-Anhalt lässt nämlich keinen Vorbestraften an die Erziehung seiner Kinder ran."

(* Name geändert)