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Idylle vs. Gefahr Streit um Blumen am Gehwegrand

Sind die Blumen eine Gefahr? Die Meinungen von Stadtverwaltung und Anwohnern gehen auseinander. Streitpunkt sind Stockrosen und andere wild wachsende Pflanzen am Gehwegrand in Wülperode.

Von Mario Heinicke 06.08.2015, 11:06

Wülperode l Als die "Alte Tischlerei" in Wülperode am Wochenende für eine Gemäldeausstellung geöffnet war, bekamen Ute und Manfred Kwiran viel Zuspruch von den Besuchern. Die Gastgeber hatten eine Umfrageliste ausgelegt, um auf das Problem, das sie seit vier Jahren bewegt, und das sich jetzt zugespitzt hat, aufmerksam zu machen. Es geht um Stockrosen und andere Pflanzen, die am Gehwegrand der Dorfstraße vor den Grundstücken der "Alten Tischlerei" und ihres benachbarten Wohnhauses emporwachsen.

Wülperodes Gehweg an der Dorfstraße, der Hauptdurchgangsstraße, ist unbefestigt. Vor einigen Jahren ist dort eine neue Kiesschicht aufgetragen worden. "Die Pflanzen haben sich ausgesät", berichtete Ute Kwiran. Insgesamt 21 verschiedene Pflanzen seien dort gezählt worden. Sie kann es nicht verstehen, solch ein Bild von Amts wegen zerstören zu müssen.

Und das können auch viele Gäste nicht, die in der "Alten Tischlerei" ihren Kommentar schriftlich hinterlassen haben. "Der Anblick der Rosen ist ein Traumbild, doch kein Schandfleck oder Hindernis", bekräftigt ein Gast aus Schladen. Insgesamt wurden 73 Stellungnahmen schriftlich zu Papier gebracht - für die Blumen. Und es wurde zugleich Unverständnis für die Osterwiecker Behörde geäußert. "Hat das Ordnungsamt keine anderen Sorgen?", schrieb ein Lüttgenröder. Kwirans sind dabei nicht die Einzigen in Wülperode, die in dieser Angelegenheit Ärger mit dem Amt haben.

In dem Streit geht es um die Straßenreinigungssatzung. Die umfasst auch Gras und Unkraut, wie es im Satzungstext definiert ist. Zugespitzt hatte sich die Situation, als Kwirans in der Folge früherer Amtsschreiben nun die Ersatzvornahme mit damit verbundenen Kosten von 100 Euro angedroht worden war, falls der Weg nicht bis 7. August gereinigt sein würde. Es gab danach ein Gespräch im Osterwiecker Rathaus und am 1. August die Mitteilung, dass die "sofortige Vollziehung" erstmal aufgehoben sei.

Klaus-Dieter Böhnstedt, der als Stellvertreter zurzeit das Ordnungsamt leitet, betonte, dass damit die Sichtweise der Verwaltung keine andere geworden sei. Von der Sachbearbeiterin über den Teamleiter bis zur Bürgermeisterin habe man eine einheitliche Haltung in dieser Angelegenheit. Dabei gehe es nicht darum, ob die Blumen schön sind oder nicht, sondern um die Sicherheit auf dem Gehweg. Dieser sei in Wülperode ohnehin schon schmal. "1,20 Meter sollen es schon mindestens sein", sagte er. Wobei diese Breite nirgends definiert, aber ein Erfahrungswert aus bestimmten technischen Regeln sei. Man müsse dabei auch an kleinere Kinder denken, die nach der Straßenverkehrsordnung mit dem Fahrrad auf dem Gehweg fahren sollen. Und Böhnstedt gab zu bedenken, dass auf der Straße schwere Lkw zum Kieswerk und Landwirtschaftsfahrzeuge rollen.

Fragezeichen ergeben sich für Kwirans allerdings auch daraus, dass andererseits die Osterwiecker Einwohner ausdrücklich dazu aufgefordert worden sind, Rosen vor ihren Häusern zu pflanzen - innerhalb der Aktion "historische Rosen für Osterwieck".

"Es gibt unterschiedliche Meinungen", stellt Klaus-Dieter Böhnstedt unterm Strich fest. Dass das Ordnungsamt ihr "schweres Geschütz" der angedrohten Ersatzvornahme - in zwei von drei Wülperöder Fällen - zurückgezogen hat, begründet er damit, dass nun im Ergebnis der Gespräche mit den betroffenen Anwohnern der Ortschaftsrat einbezogen werden soll. Ortsbürgermeisterin Bettina Grünewald (Verein Naturdörfer) will ihre Ratskollegen kurzfristig zu einem Ortstermin einladen, um gemeinsam eine Einschätzung zu erarbeiten, ob die Blumen bleiben sollten oder nicht. Dann wird man sehen ...