Gestern Proteste in Flechtingen: Am Montag beginnt dritte Runde der Tarifverhandlungen. Von Marita Bullmann Median-Kliniken: Mitarbeiter sind streikbereit
"Diese Klinik wird noch nicht bestreikt" hieß es gestern auf Transparenten vor den Flechtinger Median-Kliniken. In einer aktiven Mittagspause machten die Mitarbeiter darauf aufmerksam, dass Qualität ihren Preis hat. Die Tarifverhandlungen gehen in die dritte Runde.
Flechtingen l Manuela Kratz ist des Lobes voll über die Behandlung in der Median-Klinik in Flechtingen. Sie spricht von einem "angenehmen Aufenthalt, die Mitarbeiter machen alles, was in ihrer Macht steht." Die Patientin ist mehr als 300 Kilometer entfernt in Hessen zu Hause. Sie hat die Aktion der Klinik-Mitarbeiter gestern in der Mittagpause miterlebt. "Ich kann die Mitarbeiter verstehen, ihre Forderungen sind gerechtfertigt", bekräftigt sie. In Flechtingen gibt es Fachkliniken für Rehabilitation und Frührehabilitation neurologischer Krankheiten sowie Rehabilitation für Herz-Kreislauf- und Gefäßerkrankungen.
Mit der neuen Zertifizierung ist den Mitarbeitern bescheinigt worden, dass sie qualitativ gute Arbeit leisten"
"Wir haben in der vergangenen Woche auch den neuen Standard erfolgreich zertifiziert", sagt Ralf Motejat. Der Klinik-Mitarbeiter wird als Verdi-Vertreter am Montag in Berlin wieder mit am Verhandlungstisch sitzen, wenn es nun bereits in die dritten Runde um einen neuen Tarifabschluss geht. "Mit der neuen Zertifizierung ist den Mitarbeitern bescheinigt worden, dass sie qualitativ gute Arbeit leisten."
Das soll sich nach Ansicht des Gewerkschafters auch in der Bezahlung niederschlagen. Eine Lohnerhöhung um 15 Prozent in mehreren Schritten ist das Verhandlungsziel. Dazu kommt die Forderung, die Lohnunterschiede abzuschaffen. "Wir plädieren für gleiches Geld für gleiche Arbeit", sagt Ralf Motejat. In den Flechtinger Median-Kliniken werden die Mitarbeiter unterschiedlich bezahlt. Jene, die ab 2005 eingestellt wurden, erhalten weniger Lohn und keine Sonderzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld. Damit haben sie das Jahr über rund ein Viertel weniger Geld im Portemonnaie als ihre Kolleginnen und Kollegen, die schon vor 2005 in den Kliniken angefangen haben, sagt Motejat.
Hinzu komme noch der Unterschied Ost und West. Der beträgt im Durchschnitt 15 Prozent, erklärt Susanne Hille von der Verdi-Bundesverwaltung. Sie ist die Verhandlungsführerin für Median Ost. Die größte Lohndifferenz liege zwischen den Mitarbeitern in Flechtingen und den Beschäftigten in den Kliniken in Bernkastel-Kues, sie beträgt 21 Prozent. Susanne Hille und Ralf Motejat sehen darüber noch eine große Differenz zum öffentlichen Dienst.
Bisher habe die Arbeitgeberseite lediglich angeboten, die Gehälter für Mitarbeiter mit neuen Verträgen schrittweise anzuheben, die alten Verträge aber sollen eingefroren werden, so Susanne Hille: "Das ist nicht akzeptabel."
Und so sehen das auch die Mitarbeiter in den Flechtinger Kliniken. Deshalb demonstrierten etwa 60 Frauen und Männer gestern in der "aktiven Mittagspause" vor den Kliniken mit Transparenten, Pfeifen, Klappern und Rasseln. "Qualität hat ihren Preis" war auf den Transparenten zu lesen, und "Dieses Klinikum wird noch nicht bestreikt". Das könnte sich ändern, wenn in der dritten Verhandlungsrunde wieder keine Einigung erzielt wird. Die Mitarbeiter haben mit dieser gewerkschaftlich organisierten Aktion ihre Position deutlich gemacht.
Einen Arbeitskampf möchte Dr. Werner Hempel, Geschäftsbereichsleiter Ost der Median Kliniken GmbH und Co. KG, auf jeden Fall verhindern, versicherte er gestern Abend gegenüber der Volksstimme auf Nachfrage. Dr. Hempel ist am Montag der Verhandlungsführer auf der Arbeitgeberseite. Verhandelt werden die Gehälter für die Kliniken in Ostdeutschland, das betrifft insgesamt rund 2500 Beschäftigte.
Dr. Hempel spricht von einer hohen Wertschätzung der Arbeitsleistungen der Mitarbeiter. Dennoch müsse er immer die wirtschaftlichen Möglichkeiten sehen. Dabei verweist er auf Pflegekostenerhöhungen zwischen einem halben und einem Prozent. Die Finanzierung der Kliniken erfolge ausschließlich über Erlöse der Pflege- und Krankenversicherungen. Die finanziellen Möglichkeiten "sind auf Grund der wirtschaftlichen Situation limitiert."
"Wenn wir noch Spielräume sehen, müssen wir die erst ausloten"
Mit Blick auf die dritte Verhandlungsrunde müsse man nochmal durchrechnen, erklärt er. "Wenn wir noch Spielräume sehen, müssen wir die erst mal ausloten." Es handele sich beim Median-Verbund nach wie vor um ein überschuldetes Unternehmen. Und 15 Prozent mehr Lohn zu fordern, finde er unseriös, wenn er auch den Wunsch nach mehr Lohn verstehen kann. Man müsse aber auch sehen, dass die Gehälter der Mitarbeiter in Mehrjahresabständen nach Betriebszugehörigkeit steigen. Ihm geht es besonders um den Abbau der Differenz zwischen Mitarbeitern mit alten und neuen Verträgen.
Den Vergleich mit Kliniken in den alten Bundesländern weist Hempel übrigens zurück, die stünden wirtschaftlich besser da.