Gelungenes Premierenwochenende für die Kinderoper "Brundibar" des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums Weferlingen Ein mutiges Miteinander, das neue Brücken baut
Stehende Ovationen und ein befreiendes Jauchzen nach der Aufführung hinter der Bühne - die Premiere der Kinderoper "Brundibar" mit Schülern des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums Weferlingen riss das Publikum mit.
Weferlingen l Mehr als ein Jahr hatten die Schüler der 6. bis 9. Klassen geprobt, hatten Unterrichtsausfall hingenommen und in erheblichem Umfang Freizeit investiert, um selbst in die Rollen von Erzählern, Sängern und Schauspielern zu schlüpfen.
Die Kinderoper "Brundibar", Bestandteil des Impuls-Festivals Sachsen-Anhalt 2012, ist schwer verdaulicher Geschichtsstoff, wenn man nicht schon vorher hinter die Kulissen des einstigen Konzentrationslagers Theresienstadt geschaut hat. Sie ist aber gleichzeitig auch ein Symbol der Hoffnung, der Freundschaft, der Solidarität und des Nichtaufgebens in einer schier unendlichen Zeit des braunen Terrors. Komponist Hans Krása hat "Brundibar" in Theresienstadt neu komponiert, um den Kindern dort ihren grauenhaften Alltag nur ein ganz kleines bisschen erträglicher zu machen. Die Texte steuerte Adolf Hoffmeister bei. Mit dem Lied "Ihr müsst auf Freundschaft bau\'n, den Weg gemeinsam geh\'n, auf eure Kraft vertrau\'n und zueinander steh\'n" fassen die Kinder Mut und überwinden schließlich alle Hürden, selbst die des bösen Drehorgelmannes Brundibar.
In der modernen Version von heute wird in einer Rahmenhandlung zwar das Schicksal von Pepicek und Aninka erzählt, die ihrer kranken Mutter Milch besorgen wollen, aber es fließen noch mehr Elemente ein: Beim auszugsweisen Vorlesen wird die Deportation der Juden beschrieben, die Ankunft im Lager, die unmenschlichen Bedingungen, unter denen die Menschen dort jahrelang leben und leiden mussten. Die Texte dafür stammten aus "Die Kinder aus Theresienstadt" von Kathy Kacer. Auch die Autobiographie "Ich bin ein Stern" von Inge Auerbach, Überlebende des KZ Theresienstadt, fand Eingang in die Inszenierung.
Deutliche Ausdrucksweisen in Form von Bewegungen, Mimik, Gestik und Sprachen haben Regisseurin Krystyn Tuschhoff und Dramaturgin Almut Fischer gefunden, um das Lagerleben zu verdeut- lichen und dem Publikum so manche "Gänsehaut" über den Rücken laufen zu lassen. Einheitliche Kleidung, Anwesenheitsappelle, schrille Befehle und Nummern statt Namen, die an einer riesigen Tafel auf der Bühne prankten, wirkten ohne großen Schnickschnack.
Die Musik von Mitgliedern des Philharmonischen Kammerorchesters Wernigerode unter Leitung von Phillip Barczewski tat ihr Übriges, um aus der rund einstündigen Kinder-oper eine zeitgeschichtliche Dokumentation entstehen zu lassen, die jedes Alter anspricht und zugleich nachdenklich stimmt. Das Werk ist Zeugnis eines unbeschreiblichen Holocausts, gleichzeitig aber auch Hoffnungsträger der Menschlichkeit.
In Vorbereitung und Begleitung haben Schüler der 10. Klasse mit Geschichtslehrer Sebastian Kilz eine Ausstellung zum Thema "Kinder in Theresienstadt" gestaltet, die vor der Premiere in der Aula eröffnet wurde. Zeitzeugenberichte, Ausschnitte aus der Kinderoper aus einem Propagandafilm der Nazis sowie Bild- und Textmaterial waren in der vergangenen Woche bereits im Landtag von Sachsen-Anhalt zu sehen. Nun zieht die Ausstellung mit den nächsten Aufführungen nach Magdeburg, Halle, Stendal und Wernigerode.