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Aufgefunden und verifiziert: Lateinischer Urkundentext im Landesarchiv liefert neue Erkenntnis in Sachen Ersterwähnung Viel älter als gedacht: Drackenstedt wird heute 1040 Jahre alt

22.10.2013, 01:11

Unscheinbar, jedoch bedeutsam für Drackenstedt ist der heutige 22. Oktober. Ein Dokument aus dem Landeshauptarchiv beweist, was frühere Chronisten schon geahnt hatten: Das Dorf ist wesentlich älter als gedacht und darf heute seinen 1040. Geburstags feiern.

Von Volker Limburg

Drackenstedt l Im Juli 2008 waren in Drackenstedt große Festtage angesagt. Grund war der 900. Jahrestag der damals bekannt gewesenen Ersterwähnung der Siedlung Dracolstede in einer Urkunde von 1108. Adelgot, Graf von Veltheim, hatte ein Jahr nach seinem Amtsantritt als Magdeburger Erzbischof die Taufkirche St. Nicolai mit dort gelegenen Gütern beschenkt und hier zuvor schon ein Stift gegründet.

Die Drackensteder Festtage vor fünf Jahren waren hocherfreulich und für alle Einwohner und Gäste bereichernd. Trotz des so herausragenden historischen Anlasses gab es schon damals Anzeichen dafür, dass der urkundliche Nachweis Drackenstedts bereits in früherer Zeit gelegen hat. Schon in den 1970er Jahren hatte Ortseinwohner Dr. Manfred Nebauer die Aufmerksamkeit darauf lenken wollen, was jedoch von den Autoritäten der Regionalgeschichte vehement verneint und abgelehnt wurde, insbesondere weil zur Beweisführung kein anerkanntes Dokument vorlag.

Der Lehrer und Ortschronist Karl-Heinz Hofmann hatte in seinem Manuskript "Allgemeines und Besonderes aus Drackenstedt" aus Heinrich Rathmanns "Geschichte der Stadt Magdeburg" aus dem Jahr 1800 zitiert, in der dieser eine Urkunde als Beleg für Drackenstedts Nennung anführt, die mehr als hundert Jahre vor 1108 datiert. Hofmann vermutete, dass die Urkunde in Fulda liege. Unerreichbar für den "Ostler", wie auch gleichlautende Erkenntnisse in Werken weiterer Historiker.

Drackenstedt könnte heute nun, am 22. Oktober 2013, mit Pauken und Trompeten den 1040. Jahrestag seiner urkundlichen Ersterwähnung feierlich begehen, denn das originale Beweisdokument konnte mittlerweile aufgefunden werden. Es liegt wohlbehütet im neu errichteten Landeshauptarchiv in Magdeburg unter der Kennzeichnung U 1 Erzstift Magdeburg, I Nr. 38.

Dieses Dokument wurde von Kaiser Otto II. am 22. Oktober 973 im Königshof zu Allstedt in Sachsen-Anhalt ausgefertigt; Drackenstedt, und das ist aufgrund diverser autorisierter Expertisen bestätigt, wurde in dieser Urkunde als Drikkestedi bezeichnet. Otto II. bestätigte mit dieser Urkunde einen Gütertausch, welchen Erzbischof Adelbert mit der Abtei Fulda getroffen hatte, wozu der Kaiser selbst noch Drackenstedt schenkte.

Der entsprechende Passus vom lateinischen Original übersetzt lautet: "Und damit dieser Tausch fest und zuverlässig bestehen bleibt, haben wir auf Bitten desselben unseres Erzbischofs alles das, was wir an Nutzungen und Besitz in Drikkestedi hatten, in diesem Besitzwechsel durch große Freigebigkeit übertragen und gegeben." Der in der Urkunde verzeichnete "11. Kalenders des November" entspricht den Datumsverschiebungen durch die späteren Kalenderfestlegungen zum 22. Oktober.

Die Besiedlung des Orts liegt vermutlich noch viel weiter zurück, denn eine Beurkundung dürfte immer erst dann erfolgt sein, wenn der Ort eine gewisse Größe und Bedeutung erlangt hatte. Deswegen kann berechtigterweise davon ausgegangen werden, dass Drackenstedt früher gegründet worden ist. Dafür gibt es auch mehrere Anzeichen in älteren Schriftstücken, umliegende Dörfer betreffend.

Außerdem wäre da noch der Ortsname selbst. In einer Ausgabe der Wanzleber Volksstimme im Jahr 1989 wird unter dem Titel "Ortsnamen - und was sie bedeuten" das Folgende ausgeführt: "Die aus dem nord-elbischen Raum kommenden Warnen und Angeln gehörten zum Reich der Thüringer, das gegen Ende des 4. Jahrhunderts auf dem Gebiet der Hermunduren entstand. Es erstreckte sich zum Ende des 5. Jahrhunderts von der Altmark bis an den oberen Rhein und die Donau. Die Königsburg Bisinstide befand sich im Mansfelder Gebiet. Es ist der heutige Ort Beesenstedt, der uns zeigt, daß die Ortsnamenendung -stedt auf die Hermunduren zurückgeht." Die Entstehung Drackenstedts dürfte deshalb in die Zeit der Hermunduren-Herrschaft gelegt werden.