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"Unwürdige Verhältnisse"

Von Yvonne Heyer 23.06.2015, 17:32

Den Feuerwehren in Oschersleben und seinen Ortsteilen fehlt es an Ausrüstung. Das hat eine Risikoanalyse zu Tage geführt.

Oschersleben l Drei Jahre sind um und damit ist die Stadt Oschersleben angehalten, die 2012 vom Stadtrat beschlossene Risikoanalyse und den Brandschutzbedarfsplan zu überarbeiten. Noch in diesem Jahr muss das "Pamphlet" neu beschlossen werden."Wir schieben eine riesige Bugwelle vor uns her", meint Stadtwehrleiter Sven Könnecke. Mit dieser Bugwelle meint der Feuerwehrmann all die zahlreichen Probleme, die ungelöst in den Wehren der Stadt und ihrer Ortsteile "schlummern". Ordnungsamtsleiter Gerd Ludwig kann ihm nur zustimmen.

"In diesem Jahr steht die Fortschreibung der Risikoanlyse und des Brandschutzbedarfsplanes an. Der Gesetzgeber schreibt vor, dass dieses wichtige Werkzeug, das wichtigste überhaupt, um die Arbeit der Wehren zu gewährleisten, alle drei Jahre neu zu beschließen ist. Das soll bei uns Ende des zweiten Halbjahres geschehen", erklärt Gerd Ludwig. "Eigens dafür wurde eine Arbeitsgruppe gebildet, der einige Wehrleiter angehören. Aufgabe dieser Arbeitsgruppe ist, für die Fortschreibung die vergangenen drei Jahre genau zu analysieren", ergänzt Stadtwehrleiter Sven Könnecke.

Der Brandschutzbedarfsplan werde aus dem vorhandenen Risiko ermittelt. Wie viele und welche Einsätze wurden in den vergangenen Jahren gefahren? Was wird gebraucht, um das Schutzziel zu erreichen? "Wir sichern im Bereich Brandschutz 80 Prozent ab. Nur bei diesen 80 Prozent können wir die Rettungsfrist von zwölf Minuten einhalten", erklärt Gerd Ludwig.

Mit der Fortschreibung des Brandschutzbedarfsplanes und der Risikoanalyse werde auch geschaut, was abgearbeitet wurde, wie sich die Situation der Gerätehäuser und der Fahrzeuge darstellt. "Und in dieser Hinsicht schieben wir besagte Bugwelle vor uns her", meint der Stadtwehrleiter. Derzeit sieht es so aus, dass es in der Kernstadt und den zwölf Ortsteilen 237 Einsatzkräfte, 110 Mitglieder in der Alters- und Ehrenabteilung, 54 Musiker und 73 Jungen und Mädchen in den Jugendwehren gibt. Bei den aktiven Kameraden sei ein Stillstand hinsichtlich der Zahlen eingetreten, es gebe nicht mehr, aber auch nicht weniger Kameraden. Dennoch sei das Personal knapp. Fehlende Einsatzkräfte müssten durch mehr Technik ersetzt werden. "Nehmen wir nur die Ausleuchtung eines Einsatzortes. Dafür können wir keine Kameraden abstellen, sie würden beim Löschen eines Brandes oder beim Bergen eines Menschen fehlen. Also muss entsprechende Technik angeschafft werden", so der Stadtwehrleiter. "Unsere Kameraden haben bei ihren Einsätzen Anspruch auf die eigene Sicherheit, die letztlich durch die entsprechende Einsatzbekleidung gewährleistet wird. Aber mit der hohen Zahl der Einsätze gerade in der Oschersleber Wehr, die über 100 Mal im Jahr ausrückt, müssen wir einen hohen Verschleiß registrieren. Eine Jacke kostet mal eben 200 Euro", ergänzt Gerd Ludwig.

Problem: Löschwasserversorgung

Da die Löschwasserversorgung in den Dörfern sehr unterschiedlich und mitunter schwierig ist, müsse das Wasser mitgebracht werden, sprich große Tanker müssen her.

In der zu überarbeitenden Risikoanalyse samt Brandschutzbedarfsplan werden etliche Probleme erneut aufgelistet werden müssen, die schon länger bestehen. Prekär ist nach wie vor die Situation in Altbrandsleben. Doch vor allem dem Stadtrat, der mit dem Beschluss des Haushaltes Ende April erst nach einem gesonderten Beschlussantrag den Sperrvermerk für die Planungskosten für ein neues Gerätehaus aus dem Etat entfernen ließ, muss stärker ins Bewusstsein rücken, dass die Altbrandsleber Wehr strategisch wichtig sei. Keine andere Wehr könne den Ort in den vorgeschriebenen zwölf Minuten erreichen. "Aber noch sind die Altbrandsleber Kameraden trotz ihrer unwürdigen Verhältnisse im Gerätehaus, das den Namen nicht verdient, engagiert. Und wir sagen es noch einmal deutlich. Wir können nicht auf diese Wehr verzichten und deshalb ist ein neues Gerätehaus zwingend erforderlich", sind sich Gerd Ludwig und Sven Könnecke einig. Die aktuelle Planung sehe vor, dass 2016/2017 das Projekt realisiert wird.

Problematisch zeigt sich auch die Situationen in den Gerätehäusern Klein Oschersleben, Hordorf und Groß Germersleben. Im letztgenannten Gerätehaus fehlen sanitäre Anlagen. "In Schermcke leben die Kameraden auf einer Baustelle. Sie warten noch immer darauf, dass der Ausbau des Gerätehauses im zweiten Bauabschnitt fortgesetzt wird. Der weitere Ausbau ist mit 163 000 Euro laut Investitionsplan bis in das Jahr 2018 verschoben. Der erste Bauabschnitt wurde 2012 abgeschlossen", so der Stadtwehrleiter.

Die immer größer und teurer werdenden Autos verschärften nicht nur die angespannte Situation in den Gerätehäusern. "Wir rücken immer mehr zu technischen Hilfeleistungen aus, benötigen für ein gewachsenes Aufgabenfeld viele Spezialausrüstungen. All das wollen wir nicht, doch wir brauchen es, um unseren Aufgaben mit weniger Kameraden gerecht zu werden," macht Sven Könnecke deutlich. Andererseits haben etliche Fahrzeuge viele Jahre auf dem Buckel, müssen ersetzt werden.