Dolchau und die "Zwölf Stämme" werden auch im Kalbenser Stadtrat zum Thema Pächter bestreitet Kontakt zu Sekten-Firma
Der Pächter der Solarflächen in der Einheitsgemeinde Kalbe bestreitet direkten Kontakt zu der Sekte "Zwölf Stämme". Gestern wurde der Fall auch zum Thema im Stadtrat.
Dolchau l Alles Gute kommt von oben, heißt es im Volksmund. Doch in der Einheitsgemeinde Kalbe haben ausgerechnet Mitglieder einer umstrittenen Sekte Solarzellen auf sieben kommunale Dächer montiert. Die Glaubengemeinschaft besitzt ein Gehöft in Dolchau. Ihren Sitz hat die beauftragte Firma aber in Klosterzimmern1 im bayerischen Deiningen, dem Anwesen der Glaubensgemeinschaft Zwölf Stämme. Dort hat die Polizei in einem Großeinsatz vor Wochen Kinder ihren Eltern entzogen.
Wie der Auftrag in der Einheitsgemeinde zustande kam, darauf gab es gestern von der Firma keinen Kommentar. "Wir haben im Moment keine guten Erfahrungen mit der Presse", sagte ein Mann. Er bezeichnete die Fernsehberichte über die "Zwölf Stämme" als Lüge. Ein Journalist hatte Videos veröffentlich auf denen mutmaßliche Sekten-Mitglieder kleine Kinder immer wieder mit Ruten schlagen.
"Woher haben Sie denn meine Nummer?"
Pächter der betroffenen Flächen ist eine Firma aus Baden-Württemberg. Der Geschäftsführer reagierte am Telefon hörbar nervös als er auf den Fall angesprochen wurde: "Woher haben Sie denn meine Nummer?", möchte er wissen. Telefonisch wollte er nicht weiterkommunizieren, nur schriftlich.
Mindestens sieben Objekte hat die Firma in der Einheitsgemeinde gepachtet. Das Geld komme von unterschiedlichen Investoren, schrieb er später per E-Mail. Seine Firma habe die Ausführung der Installation an einen Generalunternehmer vergeben. "Wen dieser beauftragt hat, ist uns nicht bekannt. Kontakt zu den Mitarbeitern vor Ort besteht keiner, auch nicht zu der beauftragten Firma", heißt in der Mail. Relativ ungewöhnlich für ein Unternehmen, das im Internet damit wirbt: "Bei uns finden Sie alles aus einer Hand." Trotz mehrmaliger Nachfrage wollte der Geschäftsführer nicht den Namen des Generalunternehmers nennen." Die Firma der "Zwölf Stämme" sei es aber nicht.
Auch im Stadtrat von Kalbe war Dolchau gestern Thema. Bürgermeister Karsten Ruth wollte verkünden, dass die Firma Prestel nichts mit der Sache zu tun habe. Prestel ist einer von drei Pächtern der kommunalen Dachflächen.
Im Zuge der Berichterstattung in der Volksstimme hatte sich Ruth zuvor geweigert den Namen der Firma zu nennen, auf deren gepachteten Dächern die Sekten-Mitglieder aktiv waren. Ein Vertreter der Firma Prestel sei daraufhin auf ihn zugekommen und habe um eine öffentliche Klarstellung gebeten. Ruth betonte zudem auf Nachfrage, dass die Stadt beim Vertragsabschluss nicht gewusst habe, dass eine Sekte in den Auftrag involviert ist.
"Immer ein mulmiges Gefühl mit den Kindern"
Der Lokaljournalist Peter Hummel kennt die Situation in Klosterzimmern. Er berichtet als freier Mitarbeiter für die Augsburger Allgemeine von den Vorfällen um die "Zwölf Stämme". Ihn wundere nicht, dass die Sekte sich in Dolchau niedergelassen hat, um dort Solaranlagen zu montieren.
Die Mitglieder der Glaubensgemeinschaft gelten als handwerklich geschickt. Vor ein paar Jahren hätten sie Küchen eingebaut - unter anderem für "Quelle". Das Handwerk liege in ihrer Mentalität. Oftmals sind sie Zimmermann wie ihr biblisches Vorbild Jesus. Ihre Arbeit war sehr begehrt. "Unzuverlässigkeit gibt es bei ihnen nicht", sagte der Journalist.
Auch gesellschaftlich hätten sie sich keineswegs abgekapselt. Etwas mehr als 100 Menschen leben auf dem Anwesen in Klosterzimmern. Es gibt einen Hofladen, in dem Gäste zum Beispiel Gemüse kaufen können. Im nahen Nördlingen betreiben die "Zwölf Stämme" ein Café. Wer sich für ihren Glauben interessiere, können ihnen dort begegnen.
"Ich will so werden wie unser Meister"
Mit ihrem Glauben seien sie stets offen aufgetreten. "Sie sind aber nicht aggressiv missionierend", sagte Hummel. Dies habe zu Sympathie und Duldung beigetragen. "Ich hatte aber schon immer ein mulmiges Gefühl mit den Kindern", sagte der Journalist. Er erinnere sich, dass er bei einem Besuch eines der Kinder aus der Gemeinschaft gefragt habe, was es denn später einmal werden wolle. "Ich will so werden wie unser Meister Joshua (Jesus)", habe es ihm geantwortet.