Guido Knopp beschreibt Deutschlands und Europas Chancen / Ehrenamt 2013 gewürdigt "Die Zukunft liegt in unseren Händen"
Man nehme einen prominenten Gastredner, haupt- und ehrenamtliche Politiker aus Brüssel, aus Berlin, der Landeshauptstadt und dem Salzlandkreis, vergesse nicht, besonders engagierte Ehrenamtliche - ohne die die Gesellschaft nicht auskommt - zu ehren, und lade dazu viele Gäste ein. Der Salzländer Neujahrsempfang von Landkreis und Sparkasse war auch 2014 wieder eine ganz besondere Veranstaltung.
Staßfurt l "Wir sind Kinder des 20. Jahrhunderts, das es in sich hatte", begann Gastredner Guido Knopp vor rund 600 Gästen im großen Saal des Staßfurter Salzlandcenters, zu denen unter anderen der Europaabgeordnete Horst Schnellhardt und Bundestagsabgeordnete Heike Brehmer (beide CDU) gehörten. Das neue Jahrhundert, so der Historiker und langjährige ZDF-Moderator, sei "eine Zeit, die uns mehr abverlangt als vorher". Die Welt sei nicht mehr schwarz-weiß, sie schimmere grau in vielen Nuancen.
Es liege an uns, ob wir die Chance zu Kooperation und Wettbewerb nutzen, ob Europa einschließlich Deutschland auch künftig zu den Kraftzentren zählt oder ein "Knabendasein" in der Welt führen wird, sagte Knopp sinngemäß.
In seinem kurzen Exkurs in die Geschichte und Beziehungen Deutschlands zu den USA und Russland bezog er auch viele persönliche Erlebnisse entlang des einstigen eisernen Vorhangs ein, wodurch die Zuhörer nie an Aufmerksamkeit bei seinem Vortrag "Deutschland im 21. Jahrhundert - die Zukunft liegt in unseren Händen" verloren.
Für Deutschland sei es lebenswichtig, die guten und nützlichen Beziehungen zu den USA zu behalten. Und: "Wenn wir uns mit Russland gut standen, ging\'s uns gut." "Moralisch gesäuerte Ratschläge" würden nicht helfen. Vielmehr sollte Deutschland die ökonomischen Beziehungen ausbauen.
"Sternstunde Deutschlands" und der "schönste Fehler"
Er erinnerte an die "Sternstunde Deutschlands", als die Diktatur stürzte, die Mauer fiel, die Spaltung Europas binnen eines Jahres aufhörte. "Es war die erste deutsche Revolution, die glücklich endete", erklärte der Gastredner und die Grenze sofort zu öffnen, sei der "schönste Fehler der deutschen Geschichte" gewesen.
Guido Knopp erzählte sehr bildhaft aus dem "engen Zeitkorridor", der damals zur Verfügung stand, zwischen russischem Putschversuch, der die Entwicklung aufhalten sollte und "romantischen Flitterwochen von Deutschland und Russland". Die 20 deutschen Staubsauger, die im Sommer zu einer Dreherlaubnis des ZDF im Katharinensaal des Kreml führten, würden heute noch funktionieren, beschrieb der Historiker und kam zu den dringendsten Problemen, die nun Deutschland als rohstoffarmes Land zu lösen hätte.
Viele Bundesländer hätten "Schulklassen nötig mit Stärken, die einen gründlichen und auf alle Schüler abgestimmten Unterricht möglich machen". Ein Skandal sei es für Deutschland, dass manche Schulen aus dem letzten finanziellen Loch pfeifen.
Angesichts der demografischen Entwicklung wünschte er sich auch bei uns machbare Anreize wie für die Franzosen, die ab dem 4. Kind keine Einkommenssteuern zahlen bräuchten. Die Französin könne sich auf eine flächendeckende Ganztagsbetreuung ihrer Kinder verlassen. "Eines der reichsten Länder schafft das nicht. Auch das ist Schande." Knopp sagt voraus, dass bei der Rente mit 67 noch nicht das letzte Wort gesprochen sei. Und: "Wir müssen ein offizielles Einwanderungsland werden", plädiert Knopp, "wenn wir gut ausgebildete Zuwanderer haben wollen, müssen wir ihnen was bieten."
"Wir haben nach einem blutigen Jahrhundert allen Grund zur Freude und müssten am 3. Oktober frohlocken", schloss der Gastredner. "An unseren Grenzen stehen keine Feinde mehr, sondern Freunde. Sie haben 1990 das Misstrauen zu uns überwunden. Europa funktioniert nicht ohne Deutschland. Genauso ist Deutschland nicht ohne Europa überlebensfähig."
Und nichts wäre eine Gesellschaft ohne engagierte Ehrenamtliche. Landrat Ulrich Gerstner hob die Fluthelfer beim Jahrhunderthochwasser besonders hervor, über die noch gesondert berichtet wird.
Nach kurzer Bilanz zur wirtschaftlichen Entwicklung im Salzlandkreis - "so richtig gut" laufe es aktuell mit Industrieinvestitionen im Aluminiumwerk Nachterstedt, in eine zukunftsorientierte Informationstechnik (Biere) und in Medizinaufbereitungstechnik (Aschersleben), was optimistische Impulse bringe - kam Gerstner zur Würdigung der Ehrenamtspreisträger 2013. Die ist wichtiger Bestandteil des Neujahrsempfangs im Salzlandkreis.
Ehrenamtspreise für Bereiche Soziales, Sport und Kultur
Hans-Michael Strube, Vorstandsvorsitzender der Salzlandsparkasse, begann mit der ersten Laudatio, nachdem er hervorgehoben hatte, dass in diesem Jahr zum zweiten Mal alle Preisträger weiblich sind.
"Unsere Preisträgerin ist seit langen Jahren ehrenamtlich im kulturellen und sozialen Bereich führend tätig", so Strube. Annemarie Rockmann hat sich als Gemeinderätin und Stadträtin in vorderster Reihe um das behindertengerechte Mehrgenerationenhaus Freckleben verdient gemacht und kümmert sich um die Koordination von Freizeitangeboten und Seniorenhilfe. Sie ist führend in Vereinen tätig und in der Landesseniorenvertretung.
Für den Bereich Sport wurde Sieglinde Krause vom Kreissportbund nach vorn gebe- ten. Sparkassenvorstandsmitglied Helmut Ibsch würdigte den Verdienst der ehemaligen Sportlehrerin - unter anderem, weil sie sich als langjährige Vizepräsidentin des Kreissportbunds besonders für die Sportabzeichen-Abnahme einsetzt, ein Aktivposten bei Veranstaltungen ist und im Bernburger Stadtrat mitarbeitet.
Die Begründung für das Ehrenamt Kultur, für das Karin Marzahn auserkoren wurde, lieferte Ulrich Gerstner. Die Staßfurterin wirke als Vorsitzende in einem Verein mit, der die Geschicke des Salzlandtheaters in die Hand genommen hat und in dessen Gebäude mittlerweile 400 000 Euro investiert wurden. "Das Haus und das Leben in ihm sind hoffnungsvolle Perspektiven für die Salzstadt und für den Salzlandkreis. Es ist ein besonderes Kulturgut, an dessen Erhaltung und Weiterentwicklung die Bevölkerung lebhaften Anteil nimmt und dessen Wert hoch eingeschätzt werden muss."
Einen 1000-Euro-Scheck von der Sparkasse nahm Britta Duschek als Vorstandsvorsitzende der Bürgerstiftung Salzland, Region Schönebeck, von Landrat Gerstner entgegen. Die Stiftung unterstützt, fördert und initiiert bürgerliches Engagement im sozialen Bereich und setzt sich unablässig mit großer Hingabe für das Wohl Benachteiligter ein, heißt es in der Laudatio. Dazu gehören unter anderen die Schaffung eines Bungalows für "Urlaub für Bedürftige", das Projekt "Anker - Halt finden im Chaos", Benefizkonzerte, Hilfe für Demenzkranke.