Aus Demenz-Netzwerk wird Interessengemeinschaft / Servicezentrum wird 2015 fertiggestellt 20 Akteure ziehen an einem Strang
Ein Demenzservicezentrum entsteht in Schönebeck. Die Nachricht ist nicht neu - der erste Spatenstich ist längst erfolgt. Doch das Hochwasser 2013 hat für einen Bauverzug gesorgt. Davon lassen sich die Initiatoren der Bürgerstiftung Salzland aber nicht zurückwerfen. Vielmehr haben sie noch mehr Aktive ins "Demenz-Boot" geholt.
Schönebeck l "Der Beratungsbedarf in der Bevölkerung ist überwältigend", sagt Sigrid Meyer. Sie ist nicht nur die Geschäftsführerin der Städtischen Wohnungsbau GmbH (SWB), sondern gehört als solche auch zu einer in der Elbestadt neu gegründeten Interessengemeinschaft. Diese Gruppe widmet sich dem Thema Demenz - einer Angelegenheit, die in einer alternden Gesellschaft immer mehr an Bedeutung gewinnt und enttabuisiert wird. "Wir wollen den Leuten die Angst vor der Demenz nehmen", nennt Sigrid Meyer ein Ziel, das die neue Interessengemeinschaft in Schönebeck verfolgt. Angefangen hat es mit der Bürgerstiftung Salzland, die hier diverse Projekte angeschoben hat.
"Dadurch ergeben sich für uns neue Möglichkeiten."
"Inzwischen haben sich so viele Mitstreiter gefunden, dass wir uns besser aufstellen müssen, um eine professionelle Arbeit leisten zu können", erklärt an dieser Stelle Britta Duschek, Vorsitzende der Bürgerstiftung, warum sich die bis dato 20 Akteure zu einer Gemeinschaft zusammengefunden haben.
"Dadurch ergeben sich für uns neue Möglichkeiten, und wir erreichen eine andere Qualität", fasst sie die Vorteile zusammen. Künftig soll die Arbeit am Thema Demenz in der Elbestadt noch koordinierter ablaufen. "Deshalb haben wir innerhalb der Interessengemeinschaft fünf Arbeitsgruppen gebildet", erklärt Britta Duschek. Gemeinsames Ziel der 20 Akteure: "Wir wollen Strukturen schaffen, die langfristig den Demenzkranken und Angehörigen in Schönebeck und der Umgebung helfen", sagt Duschek. Dafür befindet sich bereits seit 2013 ein wesentliches Projekt in der Umsetzung: der Bau des Demenzservicezentrums an der Wilhelm-Hellge-Straße. Dieses soll sowohl das Zuhause von Demenzkranken werden als auch Anlaufstelle für Angehörige und Beratungssuchende.
"Wir werden in diesem Zentrum Angebote für alle Phasen der Demenz bieten können", sagt Sigrid Meyer. Sie kennt sich vor allem mit den baulichen Gesichtspunkten bestens aus - schließlich ist die SWB Bauherrin. Ihren Ausführungen nach wird es in dem Haus eine Demenz-Wohngruppe für Alleinstehende sowie für Ehepaare geben, hinzu kommt eine Beratungsstelle sowie eine Tagespflege.
Jedoch ist das Bauprojekt, das mit rund 500000 Euro durch das Bauministerium als Modellprojekt gefördert wird, ins Stocken geraten. "Aufgrund des Hochwassers im vergangenen Jahr befinden wir uns im Bauverzug", sagt die SWB-Chefin. Hintergrund: Der erste Spatenstich für das rund 1,8-Millionen-Euro-Projekt fand bereits im Frühjahr 2013 statt. Doch wurde dann festgestellt: "Der Baugrund ist grottenschlecht", sagt Meyer. Der Bau nach altem Plan hätte den Großteil der geplanten finanziellen Mittel gekostet. "Also mussten wir umplanen", sagt sie. Dem vorgesehenen Flachbau wurde "Adieu" gesagt, nun soll an selber Stelle ein Zwei-Geschosser entstehen. "Bevor wir die Handwerksleistungen ausschreiben konnten, kam uns aber das Hochwasser dazwischen", blickt sie zurück.
"Demenz bedeutet nicht, dass die Lebensqualität null beträgt."
Jetzt ist alles in Sack und Tüten. "Im Juli werden die Bauarbeiten beginnen", sagt Sigrid Meyer. Der Zeitplan ist eng gestrickt: In diesem Jahr noch soll der Rohbau stehen. Mitte 2015 soll das Zentrum mit Leben gefüllt werden. "Zirka ein halbes Jahr vorher werden wir mit der Mieter-Akquise beginnen", kündigt Meyer an.
Während der bevorstehenden Bauzeit werden die Mitglieder der Interessengemeinschaft aber nicht die Hände in den Schoß legen. "Demenz bedeutet nicht, dass die Lebensqualität null beträgt", sagt Meyer. Eine Möglichkeit für ein weiterhin normales Leben soll einerseits das im Bau befindliche Demenzservicezentrum bieten. Andererseits setzen die Akteure auf Informationen. Bestes Beispiel dafür ist Gabriela Schultz, die durch Fördermittel des Sozialministeriums bei der Bürgerstiftung angestellt ist und im Namen des Netzwerkes Beratungen anbietet und die Angehörigencafés organisiert.
"Bei diesen Veranstaltungen nehmen wir den Angehörigen die Verzweiflung. Besonders wichtig ist hierbei der Austausch der Teilnehmer untereinander", berichtet Gabriela Schultz, die seit dem 1. November 2013 im Büro der Bürgerstiftung aktiv ist und seither mehr als 50 Angehörige und Betroffene beraten hat - zum Beispiel über Betreuungsleistungen, Kurzzeitpflege, Verhinderungspflege oder Wohnumfeldverbesserung.
"Einige wollen sich zu einer Selbsthilfegruppe zusammenschließen."
Ähnlich viele Verwandte von Demenzkranken haben seither das Angehörigencafé besucht, das alle zwei Monate mit verschiedenen Themenschwerpunkten angeboten wird. "Inzwischen wollen sich einige Angehörige sogar zu einer Selbsthilfegruppe zusammenschließen", berichtet Ga-briela Schultz zufrieden.
An dieser Stelle bedrückt die Ehrenamtlichen eine finanzielle Sorge. Die Förderung für die Beratung durch Gabriela Schultz läuft am 31. Dezember aus. Wie sich die Stiftung dann ihre Mitarbeiterin leisten kann, das steht in den Sternen. Hoffnungslos sei es aber nicht, sagt Britta Duschek. Sie will versuchen, die Förderung dieses Modellprojektes verlängern zu lassen.