Bestatter Harald Wunneburg deckt mit einem Hinterbliebenen einen möglichen Betrug auf Die dreiste Trickserei mit dem Tod
Mit einer neuen und dreisten Abzocke werden derzeit Hinterbliebene um ihr Geld gebracht: Sie sollen Geld für die Aufnahme einer Todesanzeige in das "Zentrale Trauerregister" bezahlen. Wenngleich für das Geld am Ende eine Leistung erbracht wird, ist fraglich, was das soll und wer daran wirklich verdient?
Schönebeck l Miss Megan Hewes muss das Motto ihres US-Bundesstaates Delaware wörtlich genommen haben. Dort lautet die Staatsdevise nämlich: Liberty and Independence (Englisch für "Freiheit und Unabhängigkeit"). Haarscharf bewegt sich Miss Hewes zwischen Strafanzeigen hin und her und zockt ahnungslose Hinterbliebene ab - in einer Art und Weise, dass auch der deutschen Polizei, den Bestattern und den Verantwortlichen bei der Volksstimme schwindelig wird.
Aufgeflogen ist der kreative Schwindel, als Herbert Schäfer, der den Verlust seiner Ehefrau Luzie Hoppe zu beklagen hat, einen Brief vom "Zentralen Trauerregister" im Briefkasten hatte. Im fehlerfreien Deutsch wird dem Hinterbliebenen offeriert, dass die Veröffentlichung seiner Traueranzeige im Trauerregister aufgenommen wird. Selbstverständlich für einen finanziellen Obolus. Für das Einstellen der Volksstimme-Traueranzeige in das obskure Register solle Herr Schäfer für Erfassung, Eintragungskosten und Gebühren abzüglich eines zehnprozentigen Rabattes 395 Euro überweisen.
Firma in den USA, Konto auf der Insel Zypern
Um die Sache für die überrumpelten Betroffenen so einfach wie möglich zu machen, wird gleich ein Banküberweisungsbeleg mit angeheftet. Herbert Schäfer macht das einzig Richtige: Er misstraut dem Schreiben und bittet Harald Wunneburg um Hilfe. "Ich habe gleich gesehen, dass da was nicht stimmt. Mit mir nicht", so der erfahrene Bestattungsunternehmer. Er übergibt den Brief der Volksstimme.
Erste Recherchen haben ergeben, dass die Internetadresse "trauerregister.de" auf eine Megan Hewes in Wilmington im US-Bundesstaat Delaware registriert ist. Ihre Firma nennt sich "Service Register EU LLC". Diese Angabe zum Empfänger ist auch auf dem Banküberweisungsschein vorgedruckt. Auch die sogenannte IBAN-Nummer, aus der ersichtlich ist, dass das Konto der Firma auf Zypern beheimatet ist.
Noch etwas ist auffällig: Die Firma, die von sich selbst behauptet, bereits 14321 Anzeigen auf der Homepage veröffentlicht und im "Zentralen Trauerregister" aufgenommen zu haben, ist telefonisch nicht zu erreichen. "Aufgrund des hohen Aufkommens bitten wir Sie, Rückfragen ausschließlich per E-Mail niederzulegen", wimmelt die Firma interessierte Bürger ab.
Firma in den USA, Konto auf Zypern, Bundesadler auf den amtlich wirkenden Schreiben und fehlende telefonische Kontaktaufnahme? Allein diese vier Dinge machen stutzig. So sieht das auch Marco Kopitz, Pressesprecher des Polizeirevieres Bernburg. Er und seine Kollegen haben den Vorgang geprüft. "Strafanzeigen in diese Richtung und gegen diese Firma liegen uns im Kreis nicht vor", sagt er gestern auf Anfrage der Volksstimme.
Erstellte Anzeige ist urheberrechtlich geschützt
Dass der Bundesadler auf Briefköpfen verwendet wird, sei an sich nichts strafwürdiges, so Marco Kopitz. "Es muss nur eine Genehmigung vorliegen." Wie es sich im besagten Fall verhält, scheint zudem in einen Graubereich zu rutschen. Der Grund: Der offizielle Bundesadler blickt nach links, der auf dem Briefkopf des "Zentralen Trauerregisters" verwendete Adler schaut aber nach rechts. Doch wer achtet schon auf solche Kleinigkeiten?
Am Ende wird auch noch die offizielle Todesanzeige aus der Volksstimme in den Brief gedruckt. Rein rechtlich ist die Anzeige urheberrechtlich geschützt und darf nur nach Zustimmung des Verlages verwendet werden. "Die Volksstimme distanziert sich von diesem Unternehmen", macht Volksstimme-Rechtsanwalt Marco Sonntag deutlich.
Und nun? "Bitte warnen Sie die Leser", fordert Bestatter Harald Wunneburg auf, damit Betroffene nicht weiter auf Nepper, Schlepper und Bauernfänger hereinfallen. Der Polizei sind durch das geschickte Vorgehen vorerst die Hände gebunden. "Ein Betrug liegt noch nicht vor, vielleicht ein versuchter Betrug. Dafür aber müsste der Geschädigte Anzeige erstatten, damit wir ermitteln können", so Marco Kopitz. Der Schönebecker Herbert Schäfer aber winkt ab, er will seine Ruhe.
Damit wird das Trauerregister zum Trauerspiel. Es bleibt der Rat: Wer nichts bestellt, muss auch nichts bezahlen.
Übrigens: Eine entsprechende Anfrage an die Firma per E-Mail in englischer und deutscher Sprache verhallt. Offenbar hat das Unternehmen gut zu tun, das "erarbeitete" Geld auszugeben - eine Antwort bekam die Volksstimme nämlich aus den USA nicht.