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Radtour Schaufenster in eine andere Welt

Am Ende waren es 1441 Kilometer: Der Schönebecker Olaf Godlofski radelte mit dem Fahrrad auf abenteuerlichen Routen durch Armenien und den Iran.

Von Olaf Koch 17.07.2015, 17:45

Schönebeck/Jerewan/Teheran l Es kam irgendwie ganz anders. Schon immer, wenn der 51-Jährige mit seinem Zweirad im normalen Tempo ferne Länder und fremde Kulturen erobert, ist der Weg das Ziel. Nicht die Etappe und Kilometer stehen im Vordergrund, sondern die Landschaft, das Erlebnis und die Menschen. "Aber bei dieser Tour habe ich mich total verplant", berichtet der Globetrotter im Gespräch mit der Volksstimme. Eigentlich wollte er drei Länder erkunden: Armenien, Iran und die Türkei. Am Ende schaffte er es nur bis in die Hauptstadt der islamischen Republik. "Ich habe die Berge und Pässe unterschätzt, den Zustand der Straßen sowie die Gastfreundschaft der Menschen unterwegs. Alles war atemberaubend", resümiert er nach seiner Rückkehr.

Mit einem Problem, das manchem Reisenden passiert, begann die Tour am ersten Tag in Jerewan, der Hauptstadt Armeniens. Der Umrechnungskurs der lokalen Währung zum Euro hatte viele Nullen, so dass Olaf Godlofski den Kreditkartenbeleg des kleinen Hostels ohne große Kontrolle unterschrieb. Doch dem Herbergsvater unterlief ein Fehler: Er setzte das Komma falsch, so dass Godlofski nicht 32 Euro, sondern satte 3200 Euro für die Übernachtung berappen sollte. "Dem Mann fiel das sofort auf, am nächsten Tag konnten wir alles wieder in Ordnung bringen", berichtet der Schönebecker.

Ramadan: Am Tage nichts essen und trinken

Bis zum Beginn des Ramadans (Ramadan heißt übersetzt "der heiße Monat" und ist der Fastenmonat der Muslime) wollte Godlofski von der Türkei aus wieder in Richtung Heimat fliegen. "Das war wichtig. Ich habe mich erkundigt: Der Ramadan hätte auch für mich gegolten: tagsüber nichts essen und nichts trinken. Das hätte ich auf dem Rad wegen des hohen Flüssigkeitsbedarfes nie durchgestanden", sagt er.

So machte er sich frühzeitig Kilometer um Kilometer auf durch die hohen Gebirgspässe der Ausläufer des südlichen Kaukasus` - die zwischen 1795 und 2359 Meter hohen Wege waren eine Strapaze. Auch in dieser Einöde ganz nah den Wolken gab es einen regen Autoverkehr, auf der Passstraße werden Waren zwischen Armenien und Iran transportiert. "Und es gab immer wieder Menschen, die mit ihren Autos freundlich gehupt, gewunken und \'Guten Tag` gerufen haben", erzählt Olaf Godlofski.

Ohne Probleme verlief der Grenzübertritt von Armenien in den Iran. Monatelang hatte sich der Schönebecker zuvor an der iranischen Botschaft in Berlin um ein Visum bemüht und es letztendlich bekommen. Selbstverständlich beachtete er die Regeln des Gastlandes: Lange Hose, bestrumpfter Fuß, Hemd und kein T-Shirt, keinen Alkohol und grundsätzlich in der Öffentlichkeit nur Männer ansprechen. Auf all diese und noch viele andere Dinge achtet die Religionspolizei - eine Art Sittenwächter. "Einmal abends hatte ich auch Kontakt zu den Herren in Zivil. Sie kontrollierten meinen Pass und stellten Fragen. Doch es war alles in Ordnung", so der Schönebecker. Denn recht merkwürdig war der große, weiße Mann schon mit seiner kräftigen Statur, allein mit dem Rad unterwegs und nachts in einem kleinen Zelt übernachtend.

Doch nicht nur die Religionspolizei checkte den Deutschen, sondern auch die Einheimischen. Aber immer mit einem Lächeln. "Zweimal bin ich von Familien angesprochen und nach Hause eingeladen worden", erinnert sich Olaf Godlofski. Gemeinsam saßen sie beim Essen zusammen und fragten den "Sonderbaren auf dem Rad" aus: Woher kommst du? Was machst du? Und warum radelst du mit dem Fahrrad ausgerechnet durch unser Land? So wurde Olaf Godlofski zum Botschafter - nicht nur für Deutschland und Europa, sondern wohl für eine freiheitliche Demokratie aus einer anderen Welt, in der es keine Pressereglementierungen gibt, einen uneingeschränkten Internetzugang und ein ziemlich offenes Verhältnis mit Religionen. Godlofski wurde zum Schaufenster für etwas, von dem Menschen im Iran nur etwas vom Hörensagen wissen können.

"Iran wird mich nochmal wiedersehen"

"All diese Kontakte zu den Menschen waren mir am Ende wichtiger als das Ziel", so der 51-Jährige. Er genoss es, mit ihnen zu erzählen. So kam es, dass er über Tage verspätet Irans Hauptstadt Teheran erreicht - ein Kontrastprogramm zum ländlichen Raum nun in der 4,8-Millionen-Metropole Fahrrad zu fahren. "Es ist eine aufregende Stadt. Unglaublich", erzählt er. Dass er von dort aus nur mit vielen Mühen und zahlreichen Telefonaten ein Flugticket zurück nach Deutschland kaufen konnte, ist fast vergessen. Viel mehr überwiegen die großartigen Erinnerungen an ein ganz besonderes Land. "Iran wird mich nochmal wiedersehen", ist sich Olaf Godlofski nach seiner zweieinhalbwöchigen Tour nun sicher.