Bislang 66 Keuchhusten-Fälle im Salzlandkreis registriert / Robert-Koch-Institut empfiehlt Impfungsauffrischung Mehr Keuchhusten: Warum wirkt Impfstoff nicht?
Die Zahl der Keuchhustenfälle im Salzlandkreis ist in den vergangenen Jahren stark angestiegen. Bisher wurden in diesem Jahr 66 Fälle registriert. Wirkt der Impfstoff nicht?
Schönebeck/Staßfurt l Die Zahl der in diesem Jahr im Salzlandkreis registrierten Keuchhustenfälle ist auf 66 angewachsen. In der vergangenen Woche sind dem Kreisgesundheitsamt fünf Neuerkrankungen gemeldet worden. Darunter sind eine betagte Seniorin, ein Mittsechziger und der Vater eines Carolinum-Gymnasiasten aus Bernburg sowie ein junger Mann aus Aschersleben. Alle vier Betroffenen hatten keine Schutzimpfung - im Gegensatz zu einem Kind, das den Campus Technicus besucht. In der Woche zuvor sind laut Landratsamt vier Fälle registriert worden: zwei geimpfte Kinder der Sekundarschule Süd-Ost in Bernburg sowie zwei nicht immunisierte Erwachsene aus Könnern und Schönebeck.
Damit ist seit Beginn der Sommerferien - wie vom Kreisgesundheitsamt prognostiziert - die Krankheitswelle leicht rückläufig. In der letzten Schulwoche, der 29. Kalenderwoche, waren noch 15 Neuerkrankungen von den Ärzten behandelt worden.
Über die Ursachen der in diesem Jahr wieder sprunghaft steigenden Fallzahl dieser Infektionskrankheit lässt sich nur spekulieren. Fakt ist: Unter den diesjährigen Neuerkrankungen sind nach Angaben von Landkreis-Sprecherin Ingrid Schildhauer auch Kinder, die erst 2011 eine Immunisierung in Form der üblichen Kombinationsimpfung mit Tetanus/Diphtherie/Keuchhusten erhalten hatten. Bei ihnen hat der Impfschutz versagt.
Laut Hanna Oppermann, Leiterin des Fachbereichs Hygiene beim Landesamt für Verbraucherschutz in Magdeburg, sollte nach der Spritze die Immunisierung für gewöhnlich drei bis zwölf Jahre anhalten. Wenngleich bekannt sei, dass die Impfung nur bei 85 bis 90 Prozent der Personen auch wirkt. Liegt es vielleicht am Wirkstoff? Dieser wird von zwei großen Pharmaunternehmen angeboten, sagt Hanna Oppermann. Er sei besser verträglich als noch jener aus DDR-Zeiten, der wegen seiner vielen Nebenwirkungen vom Markt genommen worden sei. Dass der neue Impfstoff wirkungsloser ist, könnte ein Grund für den Anstieg der Keuchhusten-Fälle in jüngster Zeit sein. Festlegen will sich Hanna Oppermann da aber nicht. "Zu DDR-Zeiten sind sicher nicht alle Erkrankungen erkannt worden, weil die diagnostischen Möglichkeiten damals noch nicht so gut waren wie heute", glaubt sie.
Ein Anstieg der Fallzahlen, teilweise noch stärker, sei auch in anderen ostdeutschen Bundesländern zu beobachten. Wie die Situation in den Altbundesländern ausschaut, ist ungewiss. Dort ist Keuchhusten ebenso wie Mumps, Röteln und Windpocken bisher nicht meldepflichtig. Das wird sich aber demnächst ändern. Der Bundestag hat eine entsprechende Änderung des Infektionsschutzgesetzes bereits beschlossen, nun muss noch der Bundesrat zustimmen.
Laut vorliegender Daten aus dem Schuljahr 2010/11 hatten in Sachsen-Anhalt 95 Prozent aller Kinder im Vorschulalter die Grundimmunisierung - eine vierteilige Impfserie für Babys - erhalten. Bei den Sechstklässlern hatten 92 Prozent aller Schüler die empfohlene Auffrischungsimpfung hinter sich. Diese soll im Alter von fünf bis sechs Jahren und dann nochmals im Alter von neun bis 17 Jahren vorgenommen werden, so Hanna Oppermann. Für Erwachsene lägen keine Impfraten vor, da die Gesundheitsämter letztmalig bei Sechstklässlern die Impfausweise kontrollieren.
Die Ärztin rät vor allem den Mitgliedern von Familien mit Babys oder schwangeren Müttern dringend zu einer Impfung. Mit solch einer Kokon-Strategie können die besonders für eine Ansteckung empfindlichen Babys vor schlimmen Folgen wie beispielsweise einem Atemstillstand bewahrt werden.