Zok verweigert sanierungsrechtliche Genehmigung / Korte: "So etwas habe ich noch nie gesehen" Tage des "antialkoholischen Schutzwalls" in Staßfurt sind offenbar gezählt
Staßfurts Oberbürgermeister René Zok (parteilos) will der Mauer am Bodeeinkaufspark die sanierungsrechtliche Genehmigung versagen und den Landkreis um eine Abrissverfügung bitten.
Staßfurt l "Der Salzlandkreis als Untere Bauaufsichtsbehörde hat zu prüfen, ob ein behördliches Einschreiten möglich beziehungsweise erforderlich ist", sagte Zok Donnerstagabend in der Stadtratssitzung.
"Das Grundstück des Bodeeinkaufsparkes befindet sich im räumlichen Geltungsbereich eines förmlich festgelegten Sanierungsgebietes gemäß des Baugesetzbuches. Entsprechend Paragraf 144 ist für die Errichtung derartiger baulicher Anlagen eine sanierungsrechtliche Genehmigung erforderlich. Diese hat der Grundstückseigentümer erst nach dem Bau der Mauer beantragt", klärte das Stadtoberhaupt auf.
Die Behauptung des Besitzers des Einkaufsparks, Uwe Reinders, die Stadtverwaltung und die Polizei hätten vier bis fünf Jahre nichts gegen den Alkoholkonsum im Kaligarten unternommen, wies der Oberbürgermeister zurück.
"Selbstverständlich haben Vertreter der Stadt Staßfurt mit dem Grundstückseigentümer auch über die Personen im Kaligarten gesprochen. Es wurde aber auch immer darauf hingewiesen, dass die Sicherheitsbehörden auf der Grundlage der vorliegenden Gesetze gehindert sind, die genannten Personen zu verbannen", betonte Zok.
In der Vergangenheit seien wegen des Urinierens in der Öffentlichkeit und der damit verbundenen Belästigung der Allgemeinheit bereits mehrere Platzverweise für jeweils 24 Stunden ausgesprochen worden. Da man das jedoch nur vorübergehend und immer nur gegen den Störer verhängen könne, stelle sich das Problem durch die weiterhin dort verweilenden Personen beziehungsweise nach Ablauf der 24 Stunden erneut dar. "Somit ist der gewünschte Effekt nach außen kaum bemerkbar", erläuterte Zok.
"Des Weiteren wurden im laufenden Jahr neun Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen des öffentlichen Urinierens eingeleitet. Anzeigen wegen einer Belästigung in Verbindung mit dem Alkoholgenuss liegen im Rathaus nicht vor", fügte das Stadtoberhaupt hinzu. Ein allgemeines Alkoholverbot in der Öffentlichkeit sei entsprechend eines Urteils des Oberverwaltungsgerichts rechtswidrig. Durch den Landtag werde jedoch derzeit eine Gesetzesänderung geprüft, die ein solches Vorgehen künftig für bestimmte öffentliche Flächen und einem bestimmten Zeitraum ermöglichen sollen.
Zok: "Die in der Öffentlichkeit diskutierten Maßnahmen zur Therapierung und Wiedereingliederung der Suchtkranken wären sicherlich hilfreich, aber übersteigen bei weitem die personelle Kraft der Stadt Staßfurt, zudem wir auch ursächlich nicht für diese Aufgaben zuständig sind. Hier sind die einschlägigen Institutionen und Vereine gefragt."
Auf die Frage des FDP-Fraktionschefs Johann Hauser, wie seine Zukunftslösung für das Problem aussehe, antwortete der Oberbürgermeister, er warte auf das vom Landtag geänderte Gesetz als Handlungsgrundlage. "Außerdem appelliere ich an die Vereine der Stadt, sich verstärkt diesem Thema zuzuwenden", sagte Zok.
Jochen Meyenberg (Fraktion Linke/offene Liste) wollte wissen, ob von der Stadtverwaltung schon mal jemand mit den Menschen hinter der Mauer gesprochen habe. Das wäre überfällig. Das musste Zok verneinen. "Diese Anregung nehme ich aber gern auf", sagte er.
"So etwas habe ich bisher noch nie gesehen", staunte der Bundestagsabgeordnete Jan Korte (Linke), der gestern Nachmittag extra aus Berlin angereist war, um sich dieses Monstrum, dessen Existenz sich bis in die Hauptstadt herumgesprochen habe, persönlich anzusehen. Er suchte das Gespräch mit den Männern hinter dem Betonwall und war sich mit ihnen einig, dass dieser so schnell wie möglich verschwinden müsse. "Der öffentliche Raum gehört allen. Es ist in diesem Land nicht verboten, auf einer Mauer zu sitzen und ein Bier zu trinken", sagte Korte. Er sieht die Chance, in der Stadt eine Debatte darüber zu führen, wie man gemeinsam zusammen leben wolle.
Der Stadtchef der Linken, Ralf-Peter Schmidt, sagte, notwendig seien sozialkulturelle Angebote für die Suchtkranken. Zudem müsse geklärt werden, ob es im Stadtzentrum genügend öffentliche Toiletten gebe.