Straßenschlitzungen brachten Entlastung und Hoffnung Jederitzer verteidigen ihren Polderdeich
Havelberg l Der Polderdeich, der die kleine Havelberger Ortschaft Jederitz umschließt, ist nicht der beste. Viele Sandsäcke sind schon verbaut, um Sickerstellen zu schließen. Hoffnung bringt das Sinken des Pegels nach der Schlitzung der Straße.
Die weitere Schlitzung der Landesstraße 2 am Sonntagabend zwischen Jederitz und Kuhlhausen hat gestern im Havelpolderdeich Erfolg gezeigt. Hatte das aus dem Süden heranströmende Wasser den Pegel am Sonntag bereits auf den Maximalwert von 5,03 Meter anschwellen lassen, lag er gestern Mittag bei 4,91 Metern, Tendenz fallend. Das macht Hoffnung. Denn damit wird der Druck von dem als schwächsten eingeschätzten genommen. Ohne Schlitzung wäre der Deich übergeschwappt und das Wasser über die Straße gelaufen, sagt Dieter Härtwig vom Havelberger Ordnungsamt. Wehrleiter Rainer Mech hat vor Ort die Leitung. In dem evakuierten Ort sind 16 Jederitzer geblieben. Davon sind 13 Mitglieder der Feuerwehr, mit Falco Leue und Christian Ahrends sind weitere Fachleute mit dabei. Unterstützt werden sie seit Sonntag vom zweiten Löschzug der Dittmarschen Feuerwehrbereitschaft. Jeweils zehn Kameraden sind vor Ort. Würde es ernst werden, sind 20 Leute in Havelberg in Bereitschaft.
Die Jederitzer hatten die Tage des Wartens auf das Wasser genutzt, um einen Vorrat an Sandsäcken zu schaffen und auf den Deichen zu verteilen, denn da kamen sie noch an den acht Kilometer langen Wall, der das Dorf im Halbkreis umschließt, mit Technik heran.
Im Ernstfall mit Schubkarren im Einsatz
Jetzt sind es im schlimmsten Fall vier Kilometer, über die per Schubkarren die Sandsäcke an die Schadstellen gebracht werden müssten. 70 Prozent der Sandsäcke sind inzwischen verbaut, weil es diverse Sickerstellen gibt. "Jeder Schritt tut dem Deich weh", beschreibt Rainer Mech seine Sorge.
Die Kräfte bei den eigenen Leuten lassen nach den vielen Tagen der Hochwasseraktivitäten langsam nach. Deshalb ist der Wehrleiter froh über die Unterstützung der Dittmarschen - und auch beruhigter.Die Feuerwehrbereitschaft ist mit insgesamt 120 Leuten seit Freitag in der Region, berichtet Henning Braatz.
Sehr genau wird auch der Graben am sogenannten Mahlbusen beobachtet, der sich direkt im hinteren Bereich der Waldstraße befindet. Die Ackerfläche des Trockenpolders wird immer feuchter, in Senken steht das Wasser bereits. Aus der Erfahrung von 2002 wissen die Jederitzer, wann sie anfangen müssen zu pumpen. Zu früh wäre schlecht, weil dann zu viel Wasser nachläuft, passiert es zu spät, strömt das Wasser auf die Wohnhäuser der Gartenstraße zu.
Im noch erreichbaren südlichen Bereich von Havelberg gab es gestern noch weitere Stellen für die Einsatzkräfte und Einwohner. In Wulkau wird der an derBruchstelle der L 18 geschaffene Leitwall gesichert, berichtet Caren Pfundt. Die ehemalige Bürgermeisterin des Kamernschen Ortsteils hat die Einsatzleitung dort. Im benachbarten Schönfeld war das Technische Hilfswerk im Einsatz, um den Notdeich im Süden des Dorfes, wo das Elbwasser noch immer über die B 107 sprudelt, zu sichern. Außerdem wurde an der unter Wasser stehenden Trafostation nahe der Agrargenossenschaft eine Eiche gefällt, die auf das Gebäude zu stürzen drohte. Der Hauptort beider Dörfer, Kamern, ist seit gestern nur noch über Rathenow zu erreichen. Dort stehen 50 Gebäude im Wasser, berichtet Bürgermeister Klaus Beck.
Gefahr ist noch nicht gebannt
Aus Sicht Havelbergs ist die Gefahr noch nicht gebannt. Probleme bereitet der Warnauer Polder, in den viel Wasser läuft. Beobachtet wird zudem der Abfluss der Havel in die Elbe, berichtet der stellvertretende Leiter des Havelberger Hochwasserstabes Klaus-Dieter Steuer. Über 300 Kubikmeter pro Sekunde fließen an der Quitzöbeler Wehrgruppe
ab. Mehr sollte es nicht werden, damit das Wasser aus den Poldern weiterhin in die Havel abfließen kann. Deshalb wird der Pegel der Havel relativ stabil gehalten. Gestern stand sie bei 4,37 Metern.
Das gesamte System der Wasserregulierung ist sehr sensibel, sagt Klaus-Dieter Steuer und hat dabei auch die Havel weiter oberhalb im Blick. Bei allem Verständnis für den Wunsch der Bürger nach bald einkehrender Normalität will er darauf aufmerksam machen, dass "das Ende für Havelberg noch nicht durch ist".