Zweite Strafanzeige Sparkasse fahndet nach Informanten
Der Sparkassen-Skandal ist ein doppelter Fall für die Justiz. Im Fokus steht dabei nicht nur Ex-Vorstandschef Dieter Burmeister. Das Kreditinstitut versucht auch über Strafanzeigen zu ermitteln, woher brisante Informtionen zur Volksstimme gelangen konnten.
Stendal/Magdeburg l "Riskante Kredite für einen guten Freund", titelte die Volksstimme voriges Jahr am 29. September. Es war ein Text mit neuem Sprengstoff im Stendaler Sparkassenskandal: Die Vorwürfe gegen Ex-Vorstandschef Dieter Burmeister gingen damit über zu häufig gewechselte Dienstwagen, unkontrolliertes und fehlerhaftes Baumanagement bis hin zur Weinbar hinter Stahltüren im Sparkassen-Keller hinaus - ins besonders sensible Kerngeschäft des Kreditinstituts.
Die Volksstimme berichtete damals in zwei Artikeln über Kreditvergaben an zwei Unternehmen, bei denen nach damals vorliegenden Berechnungen ein Schaden von rund 2,5 Millionen Euro entstanden sein soll. Besonders brisant: In einem Fall betrifft es den ehemaligen Landrat und heutigen Vorsitzenden des Kreistags, Lothar Riedinger (CDU). Die Reaktion von Landrat Carsten Wulfänger fiel danach knapp, aber eindeutig aus: "Der Verwaltungsrat der Kreissparkasse Stendal hat und wird auch zukünftig mögliche Verfehlungen weiter aufklären."
Eine Woche später beschloss der Verwaltungsrat: "Sollte es zu weiteren Schadensersatzansprüchen kommen, werden diese geltend gemacht." Dies bekräftigte das Gremium in der Vorwoche: "Die bisher eingebrachten Kreditverfehlungen bleiben weiterhin Gegenstand/Bestandteil des Verfahrens."
Was der Vorsitzende des Verwaltungsrates indes bislang in den Erklärungen verschwiegen hatte, brachten jetzt Volksstimme-Recherchen bei der Magdeburger Staatsanwaltschaft ans Tageslicht: Die Kreissparkasse interessiert sich nicht nur für mögliche Kreditverfehlungen ihres Ex-Chefs. Sie fahndet auch danach, wie diese Informationen an die Volksstimme gelangen konnten.
"Hier liegt eine Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Geheimnisverrat nach Paragraph 17 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vor", erklärte Staatsanwaltschaftssprecher Frank Baumgarten. Interne Schriftstücke aus dem Geschäftsbereich der Kreissparkasse Stendal über Kreditvergaben seien unbefugten Dritten zugänglich gemacht worden, so der Vorwurf.
"Die Problematik wurde auf der Sitzung des Verwaltungsrates am 7. Oktober besprochen", sagte Landrat Wulfänger gestern auf Nachfrage. Der damalige Vorstand der Kreissparkasse habe zwei Tage später "vorsorglich erneut Strafanzeige gestellt", da hier gegen das Bankgeheimnis verstoßen worden sei. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Kreditinstitut mit Reiner Verenkotte und Markus Gutmann nur einen Vertretungsvorstand: Kerstin Jöntgen war bereits ausgeschieden, ihr Nachfolger Jörg Achereiner noch nicht im Amt und Vorstandsmitglied Paul Rodermann erkrankt.
Es ist im Sparkassen-Skandal nicht die erste Strafanzeige wegen veröffentlichter Informationen. Der Verwaltungsrat des Kreditinstituts hatte so bereits herausfinden wollen, auf welchem Wege im Herbst 2013 Details aus dem ersten Prüfbericht über die Vorwürfe gegen Burmeister in die Volksstimme kommen konnten.
Der Landrat sorgte im Dezember 2013 landesweit für Schlagzeilen. So hatte sich der Landesvorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes, Uwe Gajowski, hinter die Recherchen der Volksstimme gestellt und Wulfänger aufgefordert, von einer Strafanzeige abzusehen. Er handele ansonsten wider die von ihm versprochene Transparenz in der Aufklärung der Betrugsvorwürfe, kritisierte Gajowski.
Der Verwaltungsrat bekräftigte im Frühjahr 2014 die Klage. Mit magerem Ergebnis. "Bisher sind die Ermittlungen nach einem Täter jedoch erfolglos verlaufen", erklärte der Sprecher der Staatsanwaltschaft: "Das Verfahren ist - noch - nicht eingestellt worden." Dies dürfte indes nur noch eine Frage der Zeit sein, denn "die polizeilichen Ermittlungen scheinen am Ende zu sein", ließ Baumgarten auf Nachfrage durchblicken.