Großes Interesse an Ausstellung über den Ersten Weltkrieg im Harzmuseum Wernigerode Über den Krieg in der Heimat
Er begann vor hundert Jahren und ist immer noch aktuell: Der Erste Weltkrieg. Mit seinen Auswirkungen auf Wernigerode beschäftigt sich eine Ausstellung im Harzmuseum.
Wernigerode l Der Ratssaal war voll, die Stühle reichten kaum aus. Wer jemals am Interesse der Wernigeröder an der seit dem Wochenende im Harzmuseum laufenden Ausstellung "Heimat im Krieg - Krieg in der Heimat" gezweifelt hat, wurde bei der offiziellen Eröffnung in der Tat eines Besseren gelehrt. Selbst Museumschefin und Kulturamtsleiterin Silvia Lisowski war überrascht. Gut 150 Besucher waren in den Ratssaal gekommen. "Mit so vielen haben wir nicht gerechnet. Das war ein toller Erfolg."
Und das bei einer Ausstellung, die ein lange zurückliegendes Ereignis behandelt - den Ersten Weltkrieg, dessen Beginn sich 2014 zum hundertsten Male jährte. Die vom Landesmuseumsverband konzipierte Wanderausstellung wurde um einen lokalen Teil ergänzt - Wernigerode zur Zeit des Ersten Weltkriegs. Diesen hatten Schülerinnen und Schüler des Stadtfeld-Gymnasiums erarbeitet, gemeinsam mit Gymnasiasten und Studenten aus Magdeburg und unter Anleitung von Dr. Uwe Lagatz.
Aber obwohl es nur noch wenige Menschen gibt, die den Krieg, egal ob an der Front oder in der Heimat, noch selbst erlebt haben, ist er aktueller denn je. Wie aktuell, das rief Sozialdezernent Andreas Heinrich den Besuchern der Ausstellung eindrücklich ins Gedächtnis. Nur eineinhalb Flugstunden entfernt spiele sich heute in der Ukraine dasselbe Drama ab wie vor hundert Jahren auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs. "Dieselbe Propaganda, die gleichen Frontberichte, die gleichen Todesanzeigen. Mich lassen solche Berichte sprachlos zurück."
Die Besucher der Ausstellung im Harzmusem offenbar auch. Das wurde schon am Abend der Eröffnung deutlich.Nach den einführenden Reden im Ratssaal ging es nach nebenan ins Harzmuseum, zur ersten Besichtigung der Schau. Für viele Besucher sollte es aber nicht das letzte Mal sein. "Wir kommen nochmal wieder und schauen uns alles in Ruhe an", berichtet Lisowski von den Reaktionen. Und am Wochenende fanden trotz schönstem Wetter Student Vincent Stei und Stadtfeld-Schülerin Natalie Kracht den Weg ins Museum - ein Plakat in ihrer Schule hatte sie auf die Schau aufmerksam gemacht. Ohne das Engagement ihrer Mitschüler wäre die Ausstellung so nicht realisierbar gewesen. Gut ein Jahr lang arbeiteten die Wernigeröder Schüler daran, "mit erstaunlichen Ergebnissen", wie Heinrich meinte: "Wir können so neue Einblicke in das Leben in der Heimat im Krieg gewinnen."
Zu verdanken ist das allerdings auch den Wernigerödern selbst. Schule und Harzmuseum riefen dazu auf, die Ausstellungsmacher mit Leihgaben zu unterstützen. 680 Einzelobjekte kamen so zusammen, von 51 Leihgebern zur Verfügung gestellt. "Eine unglaubliche Resonanz"; fand Historiker Lagatz - und eine dringend notwendige dazu. Die Bestände des Harzmuseum zum Ersten Weltkrieg sind eher spärlich, "ein großer weißer Fleck", wie er meint.Ohne die Leihgaben hätte die Ausstellung nicht so anschaulich und eindrücklich werden können, wie sie nun geworden ist.
Der Dank von Museumschefin Lisowski gilt denn auch den Leihgebern, auf die sie sich immer verlassen könne. Nicht zum ersten Mal hat sie um Stücke gebeten, meist bei Themen, bei denen das Museum nicht so gut ausgestattet ist. Geklappt hat es immer.
Mit dem Aufbau der Ausstellung ist die Museumsarbeit für die jungen Stadtfeld-Gymnasiasten im Übrigen noch nicht vorbei. Auf Anfrage führen sie durch die Ausstellung. Angesprochen sind vor allem Schulklassen, aber auch andere am Thema Interessierte, die sich von den jungen Ausstellungsmachern aus erster Hand informieren lassen wollen. "Sie können viel authentischer erzählen", sagt Lisowski. Wer Interesse hat, kann sich im Museum melden. Die Mitarbeiter organisieren dann die Führungen.
Stadtfeld-Gymnasiasten, die durchs Museum führen, sind ab April wieder zu erleben. Dann zeigt das Harzmuseum eine Anne-Frank-Ausstellung. Fachleute vom Berliner Anne-Frank-Zentrum, das die Wanderausstellung konzipiert hat und auf Reisen schickt, werden in einem zweitägigen Seminar die Schüler auf ihren Job vorbereiten.
"Ein tolles Projekt", sagt Lisowski - und wie die Schau zum Ersten Weltkrieg hat die Anne-Frank-Ausstellung einen zumindest zeitlichen Bezug zu Wernigerode. Am 11.April vor 70 Jahren endete für die Wernigeröder mit dem Einmarsch amerikanischer Truppen der Zweite Weltkrieg.