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Handgemachtes Bier: Magdeburger brauen im Schloss

12.10.2012, 01:12

Mit einem Glas Bier geben sich diese beiden Männer nicht zufrieden. Sie brauen den Gerstensaft gleich kesselweise. Dr. Erdmann Rapp und Jan Protzmann sind die Chef-Brauer im Hundisburger Brauhaus. Die Magdeburger legten sich nicht nur mit Idee und Konzept ins Zeug für eine Schaubrauerei im Schlosskomplex nahe Haldensleben, sie rührten auch so einiges an - im wahrsten Sinne des Wortes. Seit einem Jahr kann in Hundisburg wieder Bier gebraut werden, genau an der Stelle, an der auch im alten Bauplan von 1801 das Brauhaus eingezeichnet war.

Bierbrauen im Schloss? Eine Schnapsidee? Die Hundisburger sagen nein, die Gäste auch. Auch wenn das Projekt eigentlich einem Zufall zu verdanken ist. Die Magdeburgerin Hanne Protzmann hatte sich vor einigen Jahren der Frauengruppe "Bartha" vom Verein Kultur-Landschaft Haldensleben-Hundisburg angeschlossen und besucht seither die Spinnstube. Die hatte es der Elbestädterin so angetan, dass sie beim Ausflug auch mal die Familie zum Schlosskomplex führte. Der Funke sprang auf den Ehemann über, eine zündende Idee loderte im scheinbar nimmermüden Kopf.

Bierbrauen für Erstsemester

Inzwischen sind Jan Protzmann und Dr. Erdmann Rapp längst Vereinsmitglieder. Die "Väter der Brauerei" sind nicht ganz unbedarft, wenn es um Ideen und Anlagen geht. Beide arbeiten am Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme. Und: Das Duo ist praktisch veranlagt - die Brauerei könnte zum Glücksfall für angehende Verfahrenstechniker werden, dachten sich Rapp und Protzmann. Praktische Erfahrungen könnte man Erstsemestern mit Prozessen, die beim Bierbrauen ablaufen, verdeutlichen. "Es ist spannend zu verfolgen, wie Hefen den Brauzucker in Alkohol umsetzen", versichert Jan Protzmann. Die nächste Frage, die im Brauraum stand, beantworten die zwei gleich selbst: "Das geht doch!": Warum sollte sich dieser Prozess nicht so demonstrieren lassen, wie er einst im Mittelalter ablief?

Ideensammlung in Brauereien

Der Rest ist Geschichte: Im Schlosskomplex Hundisburg gab es vor 200 Jahren ein Brauhaus. An historischer Stelle ist es wieder "gewachsen". Zwischen Idee und Umsetzung musste allerdings einiges reifen. Vor dem Blick ins eigene Glas Bier stand viel Arbeit. Die Magdeburger schauten sich bei anderen Brauhäusern um, sammelten Erfahrungen. Der Brauprozess ist ihnen zwar von Berufs wegen nicht ganz fremd. Aber in der hochmodernen Minibrauerei in Hundisburg ist doch alles anders. Hier müssen sie das Rad über dem Kessel per Hand drehen, damit die Kupfer- und Messingkette die Maische umrühren.

Hier wird mit Holz gefeuert, und wenn die Maische die richtige Temperatur hat, muss das Feuer herausgezogen werden. Mit einer riesigen Schaufel wird im Stahlbottich das "werdende" Bier umgerührt. "Das sieht aus wie Eierstichsuppe", scherzt Rapp. Wenn das Gebräu in den Keller abgelassen wird, muss es durch ein Tuch fließen.

"Zu zweit ist das alles gerade so zu schaffen, aber es ist sehr sportlich", meint Rapp. Denn: Vom Einfüllen des Wassers in den Kessel bis zum Moment, in dem die Würze in die Edelstahlbottiche zur Reifung in den Keller fließt, vergehen bis zu zwölf Stunden. Und dabei muss auch noch darauf geachtet werden, dass die Kohlefeuerung immer die richtige Temperatur hervorbringt. Ein Spiel mit dem Feuer: Wird die Flüssigkeit im Eisenkessel heißer als 78 Grad, können die Brauer alles wegkippen.

Besucher brauen Porter-Bier

Mit einem Probebrauen im vorigen Herbst weihten die Magdeburger das Brauhaus ein. Zum Brauer-Duo haben sich einige Vereins-Mitstreiter gesellt. Gemeinsam tüftelten, testeten und probierten sie weiter. Die Freunde der Brauerei im Verein Haldensleben-Hundisburg testen mit Vorliebe alte Rezepte. In den zwei Gärbehältern können bis zu 200 Liter Bier entstehen. Wie das funktioniert, kann man am nächsten Brautag live erleben. Die Hobby-Brauer öffnen am 20. Oktober die Türen. Bis zu zehn Besucher können mit den Schlossbrauern ein altes Porter-Bier herstellen. "Das Rezept aus London", verrät Jan Protzmann, "liegt schon in der Brauerei."

Für alle, die über den Glasrand blicken möchten, gibt es noch mehr zu erleben: Der Brautag gehört zum Aktionswochenende, das vom 19. bis zum 21. Oktober im Schlosskomplex für Familien angeboten wird. Es beginnt mit einem Abendessen in der Schlossherberge. Am Sonnabend stehen Aktionen wie Backen, Kochen, Zinngießen und Filzen auf dem Programm. Es gibt eine Schlossführung und einen Abendschmaus. Achtung: Man kann sich nur noch heute für das Aktionswochenende anmelden. Telefon: (0 39 04) 4 42 65, E-Mail: info@schloss-hundisburg.de. (mbo)

www.schloss-hundisburg.de