Land setzt im neuen Kita-Bildungsprogramm "Bildung:elementar" auf Beobachtung von Anfang an Kindergarten-Sprachtests sind Geschichte
Die umstrittenen Tests zum Sprachvermögen von Kindergartenkindern sind Geschichte. Das Land setzt mit dem gestern vorgestellten neuen Kita-Programm "Bildung:elementar" auf ständige Beobachtung und Förderung der Knirpse von Anfang an.
Magdeburg l Sachsen-Anhalts Vorschulkindern fehlen offenbar die Worte: Ein Drittel von ihnen weist bei den Schuleingangsuntersuchungen Sprachstörungen auf, wesentlich mehr als im Bundesdurchschnitt. Die alarmierte Landesregierung führte deshalb bereits 2009 verpflichtende "Sprachstandsfeststellungen" ein. Seitdem wurde zwei Jahre vor Schuleintritt mit dem "Delfin 4"-Verfahren das Sprachvermögen Vierjähriger getestet.
Bei dem Spiel absolvierten bis zu vier Kinder mit einer Erzieherin einen "Besuch im Zoo". Innerhalb von 20 bis 30 Minuten mussten sie dabei vier Aufgabenblöcke abarbeiten und dabei Handlungsanweisungen ausführen, erfundene Wörter nachsprechen, Bilder beschreiben und Sätze formulieren.
Wenn ein Kind nicht genügend Punkte erreichte, wurde aus dem Spiel schnell Ernst - abhängig von weiteren Testergebnissen wurde eine Sprachförderung angewiesen. Von Anfang an war "Delfin 4" deshalb bei Eltern und Experten umstritten. Statt einer ständigen Beobachtung der Fähigkeiten des Kindes bilde das Spiel nur einen einzelnen Zeitpunkt ab und setze im engen Rahmen der Spielregeln auf das Nachsprechen unsinniger Worte, Abwarten und Stillsitzen - das sei nicht kindgerecht, so die Kritik. Kinder, die am Test-Tag keine Lust auf das Spiel hatten, fielen trotz guter Sprachkenntnisse durch.
Mit Verabschiedung des neuen Kinderförderungsgesetzes im Dezember ist "Delfin 4" nach drei Jahren bereits wieder Geschichte - Sozialminister Norbert Bischoff (SPD) gab den Trägern die Empfehlung, den Test einzustellen. Wie die Sprache der Landeskinder künftig gefördert werden soll, steht in der gestern offiziell vorgestellten Fortschreibung des Kita-Bildungsprogramms "Bildung:elementar".
Soziale Herkunft und Bildung beeinflussen weiteren Lebensweg
Frühkindliche Bildung und Sprachförderung spielen in dem 150-seitigen Arbeitsentwurf des künftig verpflichtenden Programms die wichtigste Rolle: "Wir wissen inzwischen, wie stark soziale Herkunft und Bildung den weiteren Lebensweg beeinflussen", sagte Autorin Ursula Rabe-Kleberg aus Halle. Statt eines einzelnen Tests sollen Erzieher künftig von Anfang an ganz bewusst auf die Sprachentwicklung der Kinder achten, sie mit früheren Beobachtungen abgleichen und im Team diskutieren, so Rabe-Kleberg.
Die Pädagogen sollen Kinder mit erhöhtem Förderbedarf einzeln ansprechen, in die Gruppe integrieren und auch erkennen, wann Hilfe von außen nötig ist. Spiele, Reime, Bücher und Musik helfen den Steppkes beim Finden eigener Worte. Feste Sprachprüfungen sind passé - Norbert Bischoff setzt stattdessen bei der Umsetzung des Bildungsprogramms auf die Selbstkontrolle der Kitas, die laut Kifög künftig ein Konzept und ein Qualitätsmanagement vorweisen müssen. Bischoff und Rabe-Kleberg wollen "Bildung:elementar" in den nächsten Wochen öffentlich vorstellen und mit Eltern und Erziehern diskutieren (Termine siehe Infokasten). Das Programm kann auch im Internet heruntergeladen werden. Seite 5