67 Prozent zieht es nach dem Studium trotz Fachkräftemangels in andere Bundesländer Sachsen-Anhalts Absolventen wollen weg
Magdeburg. Sie kommen zum Studieren, zum Arbeiten aber zieht es sie hinaus. Die Mehrheit der gut ausgebildeten Studenten Sachsen-Anhalts sieht die eigene Zukunft nicht hier. Dabei werden gerade sie gebraucht.
Schnell weg. Das scheint das Motto von Sachsen-Anhalts Studenten zu sein. Einer Umfrage von Studitemps und der Universität Maastricht zufolge wollen 67 Prozent das Land nach dem Abschluss verlassen.
Richard Gülde aus Bautzen studiert in Magdeburg Sicherheit und Gefahrenabwehr im achten Semester. Im kommenden Jahr möchte der 22-Jährige seinen Masterabschluss machen - und dann zurück in die Heimat. "Es ist zwar nicht ganz ausgeschlossen, dass ich hierbleibe. Aber die Verbundenheit mit Sachsen ist größer", erzählt er. Ähnlich geht es auch der Berlinerin Alexandra Ianakova. Seit 2012 studiert sie an der Hochschule Magdeburg-Stendal Medienmanagement. "Ich werde zurück nach Berlin gehen. Hier fehlen mir einfach die attraktiven Jobangebote."
Den Ausschlag für Sachsen-Anhalt gab bei Alexandra Ianakova das günstige Studium ohne Gebühren. Richard Gülde lockte der einmalige Studiengang. Gerade solche Faktoren sind es, die viele Studenten nach Sachsen-Anhalt locken. Das Kultur- und Freizeitangebot oder die Lebensqualität spielen vermutlich nur eine untergeordnete Rolle.
Eine enge Bindung zum Land oder Kontakte in die Wirtschaft haben Richard Gülde und Alexandra Ianakova noch eigener Aussage eher nicht geknüpft. Auch vom oftbeschworenen Fachkräftemangel fühlen sich die beiden kaum angesprochen.
"Die Leute, die man braucht, verlaufen sich hier schon hin."
Richard Gülde, Student
"Die Leute, die man braucht, verlaufen sich hier schon hin", sagt Gülde. Gerade an diesem Punkt sieht auch die Indus-trie- und Handelskammer ein Problem. "Viele Studierende wissen oft nicht, welche Unternehmen und Perspektiven es in Sachsen-Anhalt gibt", sagt der Geschäftsführer Berufsbildung Uwe Dalichow. Seiner Ansicht nach fehlen vor allem zugkräftige Unternehmen.
Wie zum Beispiel Volkswagen. "Der Konzern wirkt wie ein Staubsauger", sagt Jens Strackeljan, Rektor der Magdeburger Uni. Das sei auch ein Grund, warum gerade viele Ingenieure das Land verlassen. Obwohl auch hiesige Betriebe suchen. Der große Name verspreche nicht nur mehr Geld, sondern vor allem eine größere Arbeitsplatzsicherheit, meint Strackeljan.
An der Magdeburger Universität deckt sich der Abwanderungstrend der Studie mit eigenen Absolventenbefragungen. "Bei Geisteswissenschaften oder Kulturwissenschaften verlassen sogar mehr als zwei Drittel das Land", berichtet Strackeljan. Für sie gebe es hier einfach nicht genügend Jobs. Bedarf an Ingenieuren habe Sachsen-Anhalt aber nach wie vor. Deshalb dürfe die Schlussfolgerung aus der Studie auch nicht sein, dass man Studienplätze im Land reduziere.
Das sieht Andreas Geiger, Rektor der Hochschule Magdeburg-Stendal, genauso. Die Studie beurteilt er kritisch. Eine Befragung seiner Absolventen habe ergeben, dass gut 50 Prozent im Land blieben. Seine Erklärung: "Die Studie gibt Absichtserklärungen wieder. Ob die Befragten tatsächlich das Land verlassen, bleibt offen."