Streichliste aus dem Wissenschaftsministerium löst Zwist in der Koalition aus Die ersten Studenten wollen schon absagen
Magdeburg l Die am Donnerstag bekannt gewordene Liste mit drastischen Sparvorschlägen bei den Hochschulen heizt nun auch den Streit zwischen den Koalitionspartnern neu an - und verunsichert angehende Studenten.
Das Papier aus dem Wissenschaftsministerium sieht vor, in Magdeburg den Fachhochschulstandort und die humanwissenschaftliche Fakultät der Universität dichtzumachen. Ressortchef Hartmut Möllring (CDU) sagte, er habe die Liste nicht autorisiert. Katja Pähle, wissenschaftspolitische Sprecherin der SPD, erklärt ihn nun für fehl am Platz. Das Papier habe "jede Menge Porzellan zerschlagen", sagte sie. Sie habe große Zweifel, ob Möllring jetzt noch in der Lage sei, mit den Rektoren konstruktiv zu beraten. Gegen einen Rücktritt spreche lediglich das Signal, das eine erneute Kabinettsumbildung aussenden würde.
Ulrich Thomas, Hochschulexperte der CDU, hält die Aufregung für überzogen. "Ich staune, wie hysterisch das Papier diskutiert wird." Nicht autorisierte Gedanken eines Ministeriumsmitarbeiters seien für ihn keine Gesprächsgrundlage.
Uneinigkeit gibt es auch über den Beschluss der Landesregierung, die Hochschuletats bis 2025 um 50 Millionen Euro zu senken. SPD-Frau Pähle hält es für falsch, nach dieser Vorgabe ein Hochschulkonzept zu entwerfen: "Sparen darf nicht das erste Ziel sein, wir müssen die Stärken des Hochschulsystems ausbauen." CDU-Mann Thomas widerspricht: "Natürlich muss man eine Vorgabe machen, wir halten am Volumen von 50 Millionen Euro fest." Und CDU-Fraktionschef André Schröder bringt einen Strukturanpassungsfonds ins Spiel, der die Kürzungen bei den Hochschulen für eine Übergangszeit abfedern soll.
Im Wissenschaftsministerium wird unterdessen untersucht, wer das Sparkonzept in den Medien lanciert haben könnte. Theoretisch hätten alle 265 Mitarbeiter des Hauses in das Postfach greifen können, sagt Sprecherin Beate Hagen. "Aber wir können unsere Papiere ja nicht in den Panzerschrank schließen."
Den Hochschulen schwappt eine Welle der Verunsicherung entgegen. "Wir hatten schon rund 30 Anrufe von angehenden Erstsemestern", berichtet Jens Strackeljan, Rektor der Magdeburger Universität. "Sie fragen, ob sie hier überhaupt zu Ende studieren könnten." Einige hätten sich sogar informiert, wie sie ihre Einschreibung rückgängig machen können. In manchen Fächern läuft die Immatrikulationsfrist noch bis Ende September. Strackeljan fürchtet, die Debatte könnte Interessenten abschrecken.
Auch an der Hochschule Magdeburg-Stendal gingen Anrufe von verunsicherten Abiturienten ein. Und nicht nur das: "Ein Professorenbewerber hat sich informiert, ob die Debatte das Bewerbungsverfahren berühre", sagt Rektor Andreas Geiger. Er und Strackeljan versichern: Wer bei ihnen ein Studium beginnt, kann auch den Abschluss machen.
Bei der Studienberatung der Hochschule Harz fragen schon seit Beginn der Spardebatte im Frühling Interessenten an, wie es um die Zukunft der Fächer bestellt ist. Dabei taucht sie nicht einmal in den Plänen auf. "Die Öffentlichkeit nimmt wahr, dass es im Land eine unkontrollierte Strukturdebatte gibt", sagt Rektor Armin Willingmann.