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Energiewende setzt Stadtwerken zu Städte fürchten um ihre Geldquellen

So manches Haushaltsloch haben Kommunen in der Vergangenheit mit Gewinnen ihrer Stadtwerke gestopft. Mittlerweile geraten viele Versorger aber selbst in Schieflage. Experten warnen vor einer Pleitewelle.

14.08.2014, 01:11

Magdeburg l In Wanzleben ist bereits eingetreten, wovor sich viele Kommunalpolitiker fürchten: Die örtlichen Stadtwerke mussten Insolvenz anmelden. Einerseits, weil die Reparaturkosten für das ausgefallene Blockheizkraftwerk in Millionenhöhe liegen. Andererseits, weil die Kommune der schon länger kränkelnden Tochtergesellschaft keine Finanzspritze mehr geben wollte - oder konnte.

Experten warnen davor, dass sich Pleiten wie in Wanzleben häufen könnten. "Früher hatten Stadtwerke quasi eine Lizenz zum Gelddrucken", erklärt Juristin Ute Jasper. Sie berät für die deutschlandweit tätige Sozietät Heuking Städte und ihre Tochtergesellschaften. Die Liberalisierung des Strommarktes und Belastungen durch die Energiewende hätten jedoch dazu geführt, dass es vielen Versorgern heute weit schwererfällt, Gewinne zu erwirtschaften.

Versorger müssen für Nahverkehr herhalten

So sind Stadtwerke per Gesetz verpflichtet, Strom aus erneuerbaren Energiequellen abzunehmen - obwohl der Bedarf hierfür nicht immer gegeben ist. Hinzukommen Investitionen in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, die sich für die Versorger kaum noch rechnen, weil die Bundesregierung die finanzielle Förderung der Anlagen kürzte. Gleichzeitig sind die finanziellen Nöte der Kommunen nicht kleiner geworden, weshalb heutzutage die Gefahr groß ist, dass Städte ihre Stadtwerke überfordern. "Viele Kommunen nutzen gerne Gelder ihrer Stadtwerke, um den häufig defizitären öffentlichen Nahverkehr zu finanzieren - das war auch in Gera so und mag bei der Insolvenz der Stadtwerke eine Rolle gespielt haben", erklärt Jasper.

Johannes Kempmann, technischer Geschäftsführer der Städtischen Werke Magdeburg (SWM), warnt ebenfalls davor, kommunale Versorger zu überfordern: "Die Energiewelt ändert sich dramatisch, auf absehbare Zeit wird es Stadtwerken nicht mehr möglich sein, etwa den Bus- und Bahnverkehr in einer Kommune zu finanzieren." Zwar sei die SWM ein gesundes Unternehmen, dennoch werde auch dort darauf geachtet, nicht übermäßig viel Geld auszugeben. "Stadtwerke sind keine Melkkühe mehr." Einfluss nehmen die SWM auch auf die Geschäftslage der zwei Stadtwerke, an denen sie beteiligt sind. "In Stendal wie in Zerbst passen wir darauf auf, dass die Stadtwerke dort weiterhin Geld verdienen", so Kempmann.

Insolvenzverwalter prüft Schuldenschnitt

Wie es in Wanzleben weitergeht, bleibt offen. Insolvenzverwalter Lucas Flöther erklärte am Mittwoch auf Volksstimme-Anfrage, dass er den Geschäftsbetrieb zunächst stabilisiert hat. "Die 18 Mitarbeiter erhalten bis Ende September Insolvenzgeld - bis dahin wollen wir eine Lösung für das Unternehmen erarbeiten", sagte Flöther. Zwei Strategien will er dabei verfolgen: Zum einen will Flöther einen Schuldenschnitt für die Stadtwerke prüfen. Das würde bedeuten, dass die Kommune auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten müsste. Darüber hinaus sucht der Insolvenzverwalter nach Geldgebern für das Unternehmen. Infrage kommen wohl mehrere. "Einerseits hat die Kommune Gesprächsbereitschaft signalisiert, andererseits gibt es auch eine Reihe von privaten Investoren, die die Stadtwerke übernehmen würden", so Flöther. Klar sei nur: Eine Millionensumme muss her, um das Blockheizkraftwerk zu reparieren.

Juristin Ute Jasper betont, dass Kommunen ihre Stadtwerke allerdings auch nicht dauerhaft finanziell unterstützen können: "Das EU-Recht verbietet das aus Wettbewerbsgründen." Sollte es in nächster Zeit zu weiteren Insolvenzen kommen, dürfte es im Land zu einer neuen Diskussion über die finanzielle Ausstattung von Kommunen und ihren Tochterfirmen kommen.