FDP-Landesparteitag Der Reiz des Neuen
Die Landes-FDP hat am Sonnabend in Peißen einen neuen Landesvorsitzenden gewählt. Der will frischen Wind in die Partei bringen.
Peißen/Magdeburg l Am Ende triumphiert der Außenseiter. Jungunternehmer Frank Sitta (36), in der Landespolitik bisher ein unbeschriebenes Blatt, besiegt den erfahrenen Juristen Veit Wolpert (54). Das Ergebnis ist deutlich: 90 zu 73 Stimmen. Sitta sagt: "Ich war überrascht. Wolpert wirkt geschockt: "Das hätte ich so nicht erwartet."
Schon vor der Wahl hat die langjährige Landesvorsitzende Cornelia Pieper in ihrer Abschiedsrede erkennen lassen, wohin die Reise gehen soll: "Wir brauchen frischen Wind und einen Neuanfang in der Partei. Dafür stehen im Bund Christian Lindner und seine Mannschaft. Dafür soll auch der Landesparteitag heute die richtigen Weichen stellen." Pieper, die ihre Partei mit viel Engagement durch Höhen und Tiefen gesteuert hat, arbeitet seit Sommer 2014 als deutsche Generalkonsulin in Danzig.
"Heute erfinden sich die Liberalen neu." - Frank Sitta, neuer Landeschef
Frank Sitta, gebürtig in Sangerhausen, verbreitet in seiner Vorstellungsrede Aufbruchstimmung. "Es geht darum, den personellen Neuanfang zu wagen", sagt er. "Es muss personelle Erneuerungen geben, um zu zeigen, dass wir neu anfangen können. Auch Jüngere sollten die Chance haben, ihre Ideen umzusetzen.
"Ich wünsche mir einen neuen Gründerspirit im Land. Wir müssen den Mutbürgern eine Stimme geben." Und: "Wir haben tolle Botschaften. Die müssen wir moderner verpacken." Sitta ist Kongress- und Eventmanager. "Heute erfinden sich die Liberalen neu - wenn sie es wollen", sagt er. Sitta erreicht die Herzen der Delegierten. Seine Rede enthält den Zauber des Neuen, des Unverbrauchten, des Unkonventionellen. Ein Hauch von "Tschaka" liegt in der Luft. Damit trifft Sitta die Stimmung.
Er watscht Wissenschafts- und Wirtschaftsminister Hartmut Möllring (CDU) ab: "Der führt sein Amt nur noch in Altersteilzeit." Sachsen-Anhalt soll das Land der Start-ups werden, sagt Sitta, der jahrelang Landeschef der FDP-Wirtschaftsjunioren war. Der 36-Jährige fordert mit Blick auf die Landtagswahl 2016: "Wir wollen mit einer starken FDP in den Landtag und eine bürgerliche Mehrheit erreichen."
Wolpert kommt gediegener daher. Seine Rede ist ein routinierter Streifzug durch die Landespolitik. Er sagt: "Die Bildung liegt völlig darnieder. Hochschulen werden kaputtsaniert, Grundschulen dichtgemacht. Die schwarz-rote Koalition hat allenfalls Mittelmaß geschaffen. Das Land wird ohne Ideen verwaltet. Die FDP fehlt als Korrektiv und Impulsgeber."
"Sie haben sich als unzuverlässig erwiesen." - Klaus Hänsel, Kreisverband Halle
Und: "Wir können Thüringer Verhältnisse verhindern. Nur wir können Sachsen-Anhalt vor dem Niedergang bewahren." Der Auftritt ist ordentlich. Der Funke springt aber nicht auf die Delegierten über.
Einige Delegierte haben Wolpert offensichtlich nicht verziehen, dass er 2013 - nachdem er in einer Kampfkandidatur um Platz eins der Landesliste für die Bundestagswahl gegen Cornelia Pieper verloren hatte - den Parteivorsitz hingeworfen hatte.
So sagt Klaus Hänsel vom Kreisverband Halle: "Sie haben sich als unzuverlässig erwiesen. Wir sollten nicht das Risiko eingehen, jemanden mit unkalkulierbarer Halbwertzeit zu wählen."
In der FDP-Spitze hatte es zuvor den Versuch gegeben, eine Kampfkandidatur zu verhindern. Wolpert sollte Landes- chef werden, Sitta Spitzenkandidat für 2016. Darauf ließ sich Wolpert aber nicht ein. Jetzt gilt als sicher, dass der neu gewählte Landeschef Sitta auch Spitzenkandidat wird.
"Als Team wie ein Löwe kämpfen." - Cornelia Pieper, Ex-Landeschefin
FDP-Bundeschef Christian Lindner spricht den Delegierten Mut zu. Nach dem Wahlerfolg in Hamburg (dort holte die FDP 7,4 Prozent) habe die Partei den Optimismus wiedergefunden, sagt er. "Das war das Signal, dass mit der FDP wieder zu rechnen ist. Die Menschen sind bereit, uns eine neue Chance zu geben." Für Sachsen-Anhalt rechnet Lindner 2016 "mit einem starken Ergebnis jenseits der fünf Prozent".
"Man kann hinfallen, muss aber immer wieder aufstehen", gibt Cornelia Pieper ihrer Partei mit auf den Weg. "Ich bin fest davon überzeugt, dass wir wieder in den Landtag einziehen, wenn wir als Team wie ein Löwe kämpfen."