Harzer Radladerbande Tresorknacker im Schlafanzug
Die Mitglieder der Harzer Radladerbande sprechen vor Gericht über ihre Coups - und sind sich nicht immer einig.
Magdeburg (dpa) l Was bewegt fünf Männer und eine Frau, mit brachialer Gewalt Tresore und Geldautomaten aus Gebäuden zu reißen? Antworten haben die Beschuldigten am Freitag im Magdeburger Landgericht gegeben. Am zweiten Prozesstag gestanden sie die Taten und machten umfassende Aussagen. Ein 57-Jähriger wurde von Mitangeklagten als Kopf der mutmaßlichen Tresorknacker-Bande benannt. "Er hat uns gesagt, was wir machen sollen, und auch Druck ausgeübt", sagte ein 25-Jähriger, der nach eigener Aussage bei allen drei Coups im Sommer 2014 dabei war. Auf die Anklageschrift angesprochen, sagt der junge Mann: "Im Großen und Ganzen war das so." Eine geplante Serie sei es aber nicht gewesen.
Laut Staatsanwaltschaft sollen die sechs Leute in wechselnder Besetzung im April, Juni und Juli 2014 in Gernrode, Harzgerode und im dortigen Ortsteil Königerode mit zuvor gestohlenen Baggern und Radladern in einen Baumarkt und zwei Bankfilialen eingebrochen sein. Dabei sollen sie Geldautomaten und Tresore aus den Häusern gerissen und so mehr als 167000 Euro Bargeld erbeutet haben. Die Angeklagten sind zwischen 22 und 57 Jahre alt. An den Gebäuden soll ein Schaden von insgesamt rund 340000 Euro entstanden sein.
Neben dem mutmaßlichen Denker und Lenker sitzt auch dessen Ehefrau seit dem 3. Juli auf der Anklagebank. Sie ist nach eigener Aussage nur "Beobachtungsperson" gewesen, habe also Schmiere gestanden. Ein 52-Jähriger benannte den Ältesten als denjenigen, der ihn als "Baumaschinenfachmann" für die "Deals" angeworben hatte. Er selbst hatte die Maschinen nach eigener Aussage gestohlen und gefahren - weil er Geld brauchte. "Wer braucht denn heutzutage keins?"
Ein anderer Angeklagter berichtete vom nächtlichen Tresorknacken in Schlafanzug und Pantoffeln. "Die standen im April plötzlich mit dem Ding vor der Tür", sagte der 53-Jährige. "Ich wusste nicht, dass die kamen. Ich war sprachlos und hektisch." Dennoch habe er den zuvor gestohlenen Geldschrank auf seinem Grundstück geöffnet. Mehr Details kenne er nicht. Zur Höhe der Beute und seinem "Lohn" hat er Erinnerungslücken. "Als vorn in der Küche gezählt wurde, habe ich hinten schon saubergemacht." Auch die anderen beiden Tresore habe er geöffnet. Aus Angst, wie er auf Nachfrage sagte.
Der von den anderen als Bandenkopf benannte Angeklagte ließ von seinem Verteidiger eine Erklärung verlesen. Darin schob er dem "Baumaschinenfachmann" die Rolle des Instrukteurs zu und stellte klar: "Wir waren keine Kumpel. Keiner hat dem anderen getraut." Vorher habe man lockere Freundschaften gepflegt, gefeiert und Alkohol getrunken. Der jüngste Beschuldigte bezeichnete sich selbst als süchtig nach Crystal. Der Prozess soll am kommenden Mittwoch fortgesetzt werden.