Nur 18 Prozent in Sachsen-Anhalt weiblich / Grüne fordern differenzierte Quote mit Sanktionen / Die drei "Neuen" berichten über Begeisterung für Wissenschaft Drei Frauen auf einen Streich heben mauen Professorinnen-Anteil im Land
Magdeburg l Dass Dunja Bruder einmal in der Wissenschaft landen würde, haben einst ihre Lehrer sicher geahnt. "Fächer wie Biologie und Chemie haben mich fasziniert", erinnert sie sich. Ihre Begeisterung hält bis heute an: "Ich habe beim Forschen so viele Freiheiten." Die 41-Jährige gehört zu den sieben frisch berufenen Professoren, die an der Medizinischen Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg ihre Arbeit im Bereich Immunsystem und Entzündung aufgenommen haben und morgen ihre Antrittsvorlesung halten. Drei von ihnen sind Frauen.
Landesweit ist es um den weiblichen Anteil in der Wissenschaft nicht besonders gut bestellt. Zwar hat es in den vergangenen Jahren Verbesserungen gegeben. So ist etwa die Zahl der Frauen an den außeruniversitären Forschungseinrichtungen (Max Planck, Leibniz etc.) von 2001 bis 2010 im Schnitt um sieben auf 35,5 Prozent gestiegen. Jedoch stellte die Landesregierung erst kürzlich in der Antwort auf eine Anfrage der Grünen fest: "In Wissenschaft und Forschung sind Frauen noch stark unterrepräsentiert." Besonderes Problem sind die höheren Ebenen - sprich Professuren und Leitungsfunktionen. So waren an den Hochschulen im Land vor zwei Jahren nur 18 Prozent weibliche Professoren beschäftigt. Der Anstieg seit 2001 lag bei gerade einmal 3 Prozent. In Aufsichtsgremien der außeruniversitären Einrichtungen saßen in Aufsichtsgremien mit 11 Prozent sogar 0,4 weniger.
Ulrike Seifert, die zweite neuberufene Professorin in Magdeburg, hat sich über Umwege für die Wissenschaft entschieden. "Ursprünglich wollte ich als Ärztin arbeiten, weil mir der Kontakt zu Menschen wichtig ist", sagt sie. Als die heute 44-Jährige für ihre Doktorarbeit forschte, stellte sie aber fest: Das eine schließt das andere nicht aus. Nach zwei Jahren "Doppelleben" als Ärztin und Wissenschaftlerin legte sie sich fest. Mittlerweile sind ihre Forschungsergebnisse in zwei der bedeutendsten Medizin-Fachmagazine der Welt erschienen.
Bei der Besetzung ihrer Stelle schafften es in die engere Auswahl nur Damen - und zwar nicht aus Quotengründen. Prof. Burkhart Schraven von der Berufungskommission macht deutlich: "Wir wollen die Besten."
Um den Frauenanteil in der Wissenschaft - vor allem in naturwissenschaftlich-technischen Fächern - weiter anzuheben, gibt das Land rund 360000 Euro im Jahr aus, etwa für eine Koordinierungsstelle für Frauen- und Geschlechterforschung und Kooperation bei Promotionen. Die Hochschulen bieten zum Beispiel Mentoren-Programme an und sind um den Titel "familienfreundliche Hochschule" bemüht.
Claudia Dalbert, wissenschaftspolitische Sprecherin der Grünen, gehen die Anstrengungen nicht weit genug: "Das Land muss die Hochschulen mehr in die Pflicht nehmen", sagt sie. Die Politikerin fordert die Einführung von Sanktionen für jene, die eine nach Fachrichtungen differenzierte sogenannte Kaskadenquote nicht einhalten - also eine Frauenquote, die sich an der Zahl der Frauen auf der jeweils niedrigeren Karrierestufe orientiert. Die Landesregierung winkt zumindest nicht ab: Eine Sanktionierung, heißt es auf Volksstimme-Anfrage, könne sie sich dann vorstellen, wenn dies zwischen allen Beteiligten so vereinbart würde.
Zudem müsse Dalbert zufolge die Zahl der Juniorprofessuren - derzeit gibt es im Land 22, davon sind zwei von Frauen besetzt - erhöht werden. "Von dieser Stelle aus können Wissenschaftler am selben Ort befördert werden, statt sich in einer anderen Stadt berufen lassen zu müssen", erklärt Dalbert. "Das erleichtert die oft so schwierige Familienplanung."
Inna Lavrik, die Dritte im Bunde der Professorinnen, ist auch ohne Juniorprofessur Mutter geworden: "Mit Unterstützung meiner Familie funktioniert das."